Einsiedlerkrebs: Innenausbau mit Nutzen und Risiken

Vergrößerter Wohnraum macht Gehäuse instabil und verringert den Schutz vor Räubern
Der Einsiedlerkrebs Coenobita compressus sucht Schutz im Schneckenhaus.
Der Einsiedlerkrebs Coenobita compressus sucht Schutz im Schneckenhaus.
© Hans Hillewaert/CC-BY-SA-3.0, Creative Commons (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en)
Berkeley (USA) - Einige an Land lebende Einsiedlerkrebse betätigen sich als Innenarchitekt: Sie bauen das von ihnen bezogene Schneckengehäuse so um, dass sie mehr Platz darin haben. So können sie wachsen, ohne umziehen zu müssen, gehen aber auch ein Risiko ein, berichten amerikanische Biologen. Die Aushöhlung des Gehäuses macht es zerbrechlicher, so dass der Krebs leichter Räubern zum Opfer fallen kann. Er muss daher beim Innenausbau seiner Behausung Kosten und Nutzen gegeneinander abwägen und eine Kompromisslösung anstreben, schreiben die Forscher im Fachblatt „Journal of the Royal Society Interface“.

„Möglicherweise richtet sich das Ausmaß, in dem die Einsiedlerkrebse ihr Gehäuse umbauen, nach der Beißkraft ihrer Fressfeinde“, schreiben Mark Laidre von der University of California in Berkeley und Kollegen. Ein neu bezogenes, noch nicht verändertes Schneckenhaus ist so stabil, dass es dem Biss eines Waschbären standhält. Aber mit der Zeit vergrößert der wachsende Krebs den bewohnbaren Innenraum fast auf das doppelte Volumen. Dabei nimmt nicht nur die Schalendicke ab. Das gesamte Gebilde wird instabil, da er auch Stützelemente beseitigt.

Das bestätigten nun die Forscher durch Messung der Bruchfestigkeit von 45 Gehäusen der Schnecke Nerita scabricosta, die vom Einsiedlerkrebs Coenobita compressus bewohnt waren. Dazu wurden die Gehäuse – selbstverständlich ohne Insassen – in eine schraubstockartige Apparatur eingespannt und durch langsam gesteigerten Druck zerbrochen. Den Messwerten zufolge waren die Schalen im noch unveränderten Zustand 2-3-mal stabiler als nach dem Innenausbau durch die Krebse. Bei ausgiebig umgebauten Behausungen lag der Widerstand gegen den Außendruck nur wenig über der maximalen Beißkraft von Waschbären, die zu den Feinden der Krebse zählen. Die natürliche Selektion, so die Autoren, habe offenbar im Lauf der Evolution dafür gesorgt, dass der Umbau des Gehäuses nur bis zu diesem Schwellenwert erfolgt.

Wollten die Einsiedlerkrebse auf Nummer sicher gehen, müssten sie jedes Mal, wenn es ihnen zu eng wird, die Wohnung wechseln. Aber leere Schneckenschalen in geeigneter Größe sind Mangelware. Deshalb wird zunächst mehr Platz im alten Gehäuse gemacht, was die Männchen größer werden und die Weibchen mehr Eier produzieren lässt. Beides steigert den Fortpflanzungserfolg. Ein zusätzlicher Vorteil: Das Gewicht der Schale sinkt um ein Drittel, so dass der Krebs Energie bei der Fortbewegung spart. Dagegen stehen Zeit und Energieaufwand, die der Umbau kostet – ein Nachteil, der wohl vom Nutzen aufgewogen wird.

Zu den bekannten Wohnungsbaumeistern im Tierreich gehören Termiten, Biber und Webervögel, die sich in aufwendiger Arbeit imponierende schützende Behausungen erschaffen. Der Einsiedlerkrebs dagegen zählt zu den „sekundären Architekten“, die verlassene, von anderen erzeugte Wohnungen nutzen und nachträglich den eigenen Bedürfnissen anpassen. Aber auch für diese Form der Bautätigkeit gilt, dass ein Kompromiss zwischen Kosten und Nutzen gefunden werden muss.

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