Die junge Erde als Bioreaktor

Wärmeflüsse durch geologische Risse reichern Konzentration von organischen Molekülen in der „Ursuppe“ an.
Wärmeflüsse durch geologische Risse reichern Konzentration von organischen Molekülen an.
Wärmeflüsse durch geologische Risse reichern Konzentration von organischen Molekülen an.
© Christof B. Mast
München - Vor rund 4,6 Milliarden Jahren entstand die Erde. Und schon etwa 600 Millionen Jahre später formten sich allererste, primitive Formen irdischen Lebens aus Aminosäuren und anderen organischen Verbindungen. Ob Prozesse auf der Erde oder gar Asteoroiden für den Beginn dieser chemischen Evolution verantwortlich waren, wird bis heute in der Fachwelt intensiv diskutiert. Doch Forscherinnen und Forscher aus München fanden nun immerhin einen Weg, wie sich die Bausteine des Lebens – Aminosäuren, Nukleotide oder Nukleinbasen – auf der jungen Erde anreichern konnten. In der Zeitschrift „Nature“ berichten sie, dass dazu Netzwerke aus geologischen Spalten effiziente Bioreaktoren gebildet haben könnten.

Bevor überhaupt Leben entstehen kann, muss eine Auswahl organischer Moleküle in ausreichenden Konzentrationen vorliegen. Ohne eine Anreicherung bestimmter Nukleotide als Bausteine der Nukleinsäuren oder Aminosäuren als Bausteine der Proteine bestehen Risiken unerwünschter Nebenreaktionen oder geringer Effizienz. Thomas Matreux und seine Kolleginnen und Kollegen von der Ludwig-Maximilians-Universität München zeigten nun in einem ausgeklügelten Experiment, dass vulkanische Wärmeflüsse durch geologische Risse zum Sortieren und Anreichern organischer Moleküle geeignet sind.

Das Biophysik-Team ahmte in einem kleinen Modellreaktor mit Mikrometer feinen Kanälen ein Netzwerk geologischer Spalten nach. Durch diese Kanäle ließen die Forschenden eine Flüssigkeit mit einer Mischung aus verschiedenen Aminosäuren, Nukleotiden, Nukleinbasen und weiterer organischen Substanzen strömen. Parallel erwärmten sie ihren Modellreaktor an einer Seite auf etwa 40 Grad und hielten ihn auf den anderen Seite kühl auf 25 Grad Celsius. Damit ließen sich Temperaturunterschiede wie bei geothermischen Wärmeflüssen in der Erde imitieren.

Ihre Experimente ließen die Forschenden bis zu 60 Stunden lang laufen. Danach entnahmen sie an verschiedenen Stellen des Netzwerks des Modellreaktors Proben und analysierten diese. Tatsächlich konnten sich in diesen Proben einzelne Aminosäuren selektiv deutlich anreichern. Verantwortlich dafür sei nach Aussage der Forschenden vor allem ein thermophoretischer Effekt. Dabei handelt es sich um eine von der Temperatur abhängige Diffusion. Dabei wandern bestimmte Moleküle in einer Flüssigkeit bevorzugt in wärmere Bereiche, andere verbleiben dagegen eher im Kühlen.

Diese Versuche belegten eine hohe Effizienz des Modellreaktors, um organische Moleküle in der „Ursuppe“ zu sortieren. Je nach Molekülart konnten die Forschenden Konzentrationsunterschiede vom Zehnfachen bis zu drei Größenordnungen nachweisen. Sie halten es für möglich, dass vergleichbare Prozesse in den Netzwerken geologischer Risse auf der jungen Erde mit ähnlicher Effienz abgelaufen sein könnten. Damit wäre zwar nicht die Frage nach dem Ursprung des Lebens beantwortet. Aber immerhin könnte so die Verfügbarkeit an ausgewählten organischen Substanzen, aus denen lebende Organismen bestehen, erklärt werden.

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