Der Nil strömte bereits vor 30 Millionen Jahren

Bewegungen im Erdmantel stabilisieren bis heute den Verlauf des längsten Flusses der Erde
 Im Erdmantel zirkulierendes Gestein lenkt bereits seit 30 Millionen Jahren den Nil vom äthiopischen Hochland bis zum Mittelmeer.
Im Erdmantel zirkulierendes Gestein lenkt bereits seit 30 Millionen Jahren den Nil vom äthiopischen Hochland bis zum Mittelmeer.
© C. Faccenna et al., U. Roma Tre / NPG
Rom (Italien) - Mit mehr als 6800 Kilometern Länge ist der Nil der längste Fluss der Erde. Er entspringt in den Bergen von Ruanda und Burundi und mündet nach seinem Verlauf von Süden nach Norden im Mittelmeer. Bisher gingen Geologen davon aus, dass der Nil erst seit etwa sechs Millionen Jahren diesen Weg durch den Nordosten Afrikas findet. Doch wahrscheinlich fließt der gewaltige Strom schon deutlich länger auf der gleichen Route wie heute. Mit 30 Millionen Jahren könnte der Nil sogar fünfmal älter sein als bisher angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Forscherteam auf der Basis von Sedimentanalysen und Computermodellen, das die Wissenschaftler nun in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ vorstellen.

Wichtige Hinweise für ihre neue Theorie fanden Claudio Faccenna von der Università Roma Tre und seine Kollegen in den Ablagerungen im Nildelta. Diese Sedimente enthalten vor allem Geröll, das seinen Ursprung im Hochland Äthiopiens hat und vom Nil über tausende Kilometer zum Mittelmeer gespült wurde. Genauere Analysen offenbarten in diesen Sedimenten Gesteine, die vor 20 bis 30 Millionen Jahren von Vulkanen im heutigen Äthiopien ausgeworfen wurden. Diese Daten weisen darauf hin, dass seinerzeit der Nil bereits das Hochland mit dem Mittelmeer über den Nil verband.

Die Mächtigkeit der Sedimente lässt sich über die Mittelmeerregion vor dem Nildelta auf 580.000 Kubikkilometer abschätzen. Das entspricht jedoch der dreifachen Menge des Materials, das nach bisherigen Annahmen im Hochland von Äthiopien durch Erosion in den Nil gelangen und bis ins Mittelmeer transportiert werden konnte. Um diese Diskrepanz aufzulösen, betrachteten die Wissenschaftler geologische Prozesse im Erdmantel. Sie entwickelten ein Computermodell der Region, das von einer Konvektionszelle ausgeht. In dieser zirkulieren bis heute gigantische Gesteinsmengen. Dabei hebt sich seit etwa 40 Millionen Jahren das äthiopische Hochland in Schüben um jeweils mehrere hundert Meter. Zugleich senkt sich im Mündungsbereich des Nils der Boden ab.

Dank dieser Mantelkonvektion bildete sich seit gut 30 Millionen Jahren ein starkes Gefälle von etwa 1500 Metern zwischen Hochland und Mittelmeer aus, so dass das Nilwasser hinabströmen konnte. Zudem stand gemäß des neuen Modells durch die Geländehebungen im Hochland nun deutlich mehr Material zur Verfügung, um zu erodieren und schließlich in den gewaltigen Sedimente im Mittelmeerbecken vor dem Nildelta abgelagert zu werden. „Unsere Simulation reproduziert die Änderungen in der Landschaft wie erwartet“, berichten die Forscher. Sogar kleinere Details wie die sechs Katarakte im Mittellauf des Nils ließen sich damit erklären.

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