Der Effekt negativer Emissionen

Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre nicht so wirksam wie oft angenommen
Wälder sind effiziente CO2-Speicher. Hier eine aktuelle Weltkarte der Waldflächen, aufgenommen mit dem deutschen Radarsatellitenmission TanDEM-X.
Wälder sind effiziente CO2-Speicher. Hier eine aktuelle Weltkarte der Waldflächen, aufgenommen mit dem deutschen Radarsatellitenmission TanDEM-X.
© DLR
Burnaby (Kanada) - Um das sehr ambitionierte Klimaziel von maximal 1,5 Grad Erwärmung zu erreichen, muss gemäß aller Klimaszenarien auch Kohlendioxid aus der Atmosphäre entnommen werden. Dies kann etwa durch verstärkte Aufforstung oder eine direkte Abscheidung aus der Luft mit anschließender Lagerung des CO2 im Untergrund geschehen. Doch die Entnahme von CO2 könnte weniger wirksam sein als bisher angenommen. Zu diesem Ergebnis kommen kanadische Klimaforscher, die die Auswirkungen von positiven und negativen CO2-Emissionen miteinander verglichen haben. Ihre Erkenntnisse über eine überraschende Asymmetrie des Kohlenstoffkreislaufs veröffentlichen sie in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“.

Einfach betrachtet sollte die Entnahme von einer Tonne Kohlendioxid – eine negative Emission – die Wirkung von einer zuvor emittierten Tonne – die positive Emission – genau ausgleichen können. Doch diese Annahme einer symmetrischen Effizienz nur mit umgekehrten Vorzeichen greift offenbar zu kurz. Grund dafür sind die komplexen Wechselwirkungen, die die Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre auf den globalen Kohlenstoff-Kreislauf haben. Kirsten Zickfeld und ihre Kollegen von der Simon Fraser University in Burnaby simulierten nun mit ausgefeilten Erdsystemmodellen, wie deutlich negative und positiven Emissionen von exakt symmetrischen Auswirkungen abweichen.

Die Gruppe um Kirsten Zickfeld speiste ein Erdsystemmodell mit unterschiedlichen Entnahme- und Emissionsimpulsen zwischen 100 und 1000 Gigatonnen Kohlenstoff. 100 Gigatonnen entsprechen dabei ungefähr dem Zehnfachen der jährlichen CO2-Emissionen. Die Forscher betrachteten dann die Folgen dieser negativen und positiven CO2-Impulse auf einer Zeitskala von bis zu 1000 Jahren. Das Ergebnis: Die Entnahme von CO2 zeigte sich weniger effektiv auf die Reduktion der CO2-Konzentration in der Atmosphäre als umgekehrt die CO2-Emission auf eine Erhöhung des CO2-Anteils. Folglich müsste mehr CO2 aus der Atmosphäre entnommen werden, um den Effekt des zuvor ausgestoßenen CO2 auszugleichen.

In ihrer Studie untersuchten die Forscher auch die Entwicklung der mittleren globalen Temperatur nach den negativen und positiven CO2-Impulsen. Hier zeigte sich in Szenarien mit besonders großen Entnahmen und Einträgen an CO2 überraschenderweise, dass dass die Temperatur pro Tonne entfernten CO2 stärker sinkt als sie pro emittierter Tonne steigt. Diese Diskrepanz zur eigentlich schwächeren Wirkung negativer Emissionen auf die CO2-Konzentration konnten die Forscher bisher jedoch nicht klären. „Dass der Effekt von CO2-Emission und CO2-Reduktion nicht symmetrisch ist, ist meines – in diesem Spezialgebiet begrenzten – Wissens neu und interessant“, beurteilt Martin Claußen vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg diese Studie. Um als Grundlage für zuküntige Klimaschutz-Maßnahmen zu dienen, müssten die konkreten Auswirkungen negativer Emissionen aber noch genauer beziffert werden. Zudem stehen die Technologien zur CO2-Abscheidung erst in einer frühen Entwicklungsphase und deren Effizienz, Kosten und Nebeneffekte lassen sich noch nicht benennen. So sollte umso mehr die Vermeidung von CO2-Emissionen intensiviert werden, um die Abhängigkeit späterer CO2-Abscheidungen zu verringern.

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