Darmflora hält fette Braunbären gesund

Im Sommer verändert sich das Artenspektrum der Darmbakterien so, dass ohne Schaden für die Gesundheit große Fettpolster als Energiereserve für die Winterruhe gebildet werden können
Braunbär (Ursus arctos)
Braunbär (Ursus arctos)
© Ole Fröbert
Göteborg (Schweden) - Braunbären fressen sich im Sommer Fettpolster an, die ihnen während der Winterruhe als Energiereserve dienen. Warum die Tiere trotz der starken Gewichtszunahme nicht an Fettleibigkeit und Diabetes erkranken, ist bisher ungeklärt. Schwedische Forscher gingen nun der Frage nach, ob die Darmbakterien dabei eine Rolle spielen. Durch Analysen von Kotproben stellten sie fest, dass sich das Artenspektrum der Darmkeime im Winter von dem im Sommer stark unterscheidet. Wurden die Sommer-Keime in den keimfreien Darm von Mäusen übertragen, verstärkte sich die Fettbildung – ohne Schaden für die Gesundheit, berichten die Biologen und Mediziner im Fachblatt „Cell Reports”. Der durch die Darmflora vermittelte Schutzmechanismus könnte Hinweise auf neue Behandlungsmethoden der Fettleibigkeit liefern.

„Wenn wir mehr darüber wissen, welche Bakterien die Bären vor krankhafter Fettleibigkeit schützen und auf welche Weise das geschieht, könnten wir neue Therapieansätze entdecken“, sagt Fredrik Bäckhed von der Universität Göteborg. Mit Hilfe molekularbiologischer Techniken analysierten er und seine Kollegen im Juni oder Februar abgesetzte Kotproben von 16 frei lebenden Braunbären (Ursus arctos). Zudem ermittelten sie zu beiden Zeiten den Gehalt einzelner Stoffwechselprodukte im Blut der Tiere. Im Winter fanden die Forscher im Kot der Bären eine kleinere Anzahl verschiedener Bakterienarten als im Sommer. Der Anteil grampositiver Bakterien, darunter Aktinobakterien, Bacillusarten und Clostridien, war geringer, während die Keimzahlen an Bacteroides-Bakterien höher lagen. Parallel dazu hatten sich mit den Jahreszeiten die Blutwerte für Fette, Cholesterin und Gallensäuren verändert.

Um zu prüfen, ob der schwankende Gehalt an diesen Stoffwechselprodukten durch die veränderte Darmflora verursacht wird, übertrugen die Forscher Proben der Sommer- oder Winter-Darmflora in den Darm keimfrei aufgezogener Mäuse. Dadurch veränderten sich tatsächlich einige der Blutwerte in ähnlicher Weise wie bei den Bären. Die Mäuse mit den Sommer-Darmkeimen wurden fetter als die anderen, zeigten aber keinen gestörten Zuckerstoffwechsel oder andere Krankheitssymptome. Offenbar beeinflusst die jahreszeitliche Veränderung der Darmflora die Energieausbeute bei der Verdauung so, dass die Bären im Sommer die Nahrung besonders effektiv verwerten und Fettdepots anlegen können. Gleichzeitig schützen bestimmte Darmbakterien davor, an Fettsucht und Diabetes zu erkranken.

Wie andere Arbeiten ergeben haben, verändert die winterliche Kälte das Artenspektrum der Darmbakterien bei den Bären. „Die Darmflora könnte ein wichtigerer Regulator für den Energiestoffwechsel und die Kälteanpassung sein, als bisher angenommen“, sagt Bäckhed. Um den zugrunde liegenden Mechanismus genauer zu erforschen, seien jetzt Untersuchungen an Einzeltieren unter kontrollierten Ernährungsbedingungen nötig. Auch bei fettleibigen Menschen wurde eine im Vergleich zu Gesunden veränderte Darmflora nachgewiesen. Eine Therapie, die das Keimspektrum wieder normalisiert, könnte daher bei der Behandlung der Fettleibigkeit erfolgreich sein.

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