Cholesterin im Hirn beschleunigt Plaquebildung bei Alzheimer

Zellmembranen mit hohem Cholesteringehalt wirken wie ein Katalysator auf die Aggregation von Beta-Amyloid-Peptiden
Das Beta-Amyloid-Peptid entsteht durch enzymatische Spaltung eines Vorläuferproteins.
Das Beta-Amyloid-Peptid entsteht durch enzymatische Spaltung eines Vorläuferproteins.
© National Institute on Aging, http://www.nia.nih.gov/Alzheimers/Publications/UnravelingTheMystery/Credits/, public domain
Cambridge (Großbritannien) - Cholesterin spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung von Ablagerungen im Gehirn, die für die Alzheimer-Krankheit typisch sind. Ein erhöhter Cholesteringehalt in den Membranen der Hirnzellen begünstigt die Zusammenlagerung bestimmter Eiweißstoffe und die Entstehung der sogenannten senilen Plaques. Jetzt haben britische Chemiker einen Reaktionsmechanismus beschrieben, nach dem Cholesterinmoleküle in Zellmembranen als Katalysator wirken und so die Rate der Plaquebildung 20-fach steigern. Diese Cholesterinwirkung im Gehirn zu verhindern, könnte daher eine erfolgversprechende Strategie für eine Alzheimertherapie sein, schreiben die Forscher im Fachjournal „Nature Chemistry“.

„Die Frage ist nicht, wie sich Cholesterin aus dem Gehirn eliminieren lässt, sondern wie wir seine Wechselwirkung mit den Beta-Amyloiden regulieren können“, sagt Michele Vendruscolo von der University of Cambridge. Beta-Amyloid-Peptide sind Spaltprodukte eines Proteins, die normalerweise nur in geringen Mengen entstehen und schnell abtransportiert werden. Bei der Alzheimer-Demenz lagern sich einzelne Moleküle des Peptids zusammen und bilden Ablagerungen, wobei Hirnzellen abgetötet werden. „Die Konzentration an Beta-Amyloiden im Gehirn ist im Normalfall etwa tausendmal geringer als die Konzentration, die im Labor nötig ist, damit die Peptide aggregieren“, sagt Vendruscolo. Es müssen also im Gehirn eines Patienten spezielle Bedingungen vorliegen, die eine Entstehung von Molekülverbänden aus einzelnen Beta-Amyloid-Molekülen ermöglichen. Die Forscher vermuteten, dass Cholesterin, ein Hauptbestandteil der Zellmembranen von Hirnzellen, dabei von Bedeutung sein könnte. Etwa ein Viertel des gesamten Cholesterins des menschlichen Körpers befinde sich in den verschiedenen Zellen des Gehirns.

In Reagenzglasexperimenten untersuchten die Wissenschaftler den chemischen Mechanismus der Aggregation von Beta-Amyloiden in Gegenwart künstlicher Vesikel aus Membranen mit unterschiedlichem Cholesteringehalt. Es stellte sich heraus, dass membrangebundenes Cholesterin katalytisch wirkt: Die Amyloide lagern sich an Gruppen von Cholesterinmolekülen an und kommen dadurch mit benachbarten Amyloiden in Kontakt, so dass diese sich miteinander verbinden können. Bei ausreichend hohem Cholesteringehalt der Membranen beschleunigt sich dadurch die fortschreitende Zusammenlagerung von Beta-Amyloiden um das 20-Fache. Modellrechnungen der Forscher zufolge würde es ohne Cholesterin bei normalen Beta-Amyloid-Konzentrationen 10 bis 300 Jahre dauern, bis sich spontan Molekülverbände bilden. Die katalytische Wirkung des Cholesterins kann diesen Zeitraum auf einige Monate verkürzen.

Cholesterin sei nicht der einzige Auslöser für diesen Prozess aber sicherlich einer davon, so Vendruscolo. Im Alter könnte sich übermäßig viel Cholesterin in den Hirnzellen ansammeln und dadurch die Zusammenlagerung der Amyloid-Peptide begünstigen. Dies hat das Absterben von Hirnzellen zur Folge und führt schließlich zur Demenz. Den gestörten Cholesterinstoffwechsel im Gehirn zu normalisieren, wäre ein möglicher Ansatz für eine Alzheimertherapie. Dass eine cholesterinarme Kost dabei hilfreich wäre, ist eher unwahrscheinlich, da mit der Nahrung aufgenommenes Cholesterin die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann.

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