Bienen züchten Pilze als Futter für die Brut

Ohne den Nahrungszusatz in den Brutzellen können sich die Larven einer brasilianischen Bienenart nicht entwickeln
Eine brasilianische Biene der Art Scaptotrigona depilis beim Blütenbesuch. Cristiano Menezes
Eine brasilianische Biene der Art Scaptotrigona depilis beim Blütenbesuch. Cristiano Menezes
© Cristiano Menezes
Belém (Brasilien) - Von Blattschneiderameisen ist bekannt, dass sie Pilze kultivieren, um sie als Nahrungsmittel zu nutzen. Jetzt haben brasilianische Biologen erstmals ein vergleichbares Verhalten bei sozialen Bienen beobachtet. Deren Larven sind darauf angewiesen, dass in ihren Brutzellen ein bestimmter Fadenpilz wächst, den sie verzehren können. Wird das Pilzwachstum experimentell verhindert, sterben die Larven nach kurzer Zeit, berichten die Forscher im Fachblatt „Current Biology”. Noch ist nicht untersucht, ob der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft die Bienen indirekt schädigt. Denn solche Mittel könnten in die Bienennester gelangen und dort die Pilze abtöten.

„Ohne den Pilz können diese Bienen nicht überleben“, sagt Cristiano Menezes von der Brazilian Agricultural Research Corporation in Belém. Er und seine Kollegen hatten versucht, Eier der stachellosen koloniebildenden Biene Scaptotrigona depilis im Labor auszubrüten. Doch in den Brutzellen entwickelten sich weiße fädige Pilze und die Larven starben ab. Daraufhin untersuchten sie Brutzellen von 30 Bienennestern an ihren natürlichen Standorten. Auch dort beobachteten sie ein Pilzwachstum, das aber nur wenige Tage anhielt. Dann waren die Pilzfäden fast ganz verschwunden. Zeitrafferaufnahmen mit einem Stereomikroskop zeigten, dass die Larven im Alter von drei Tagen begannen, den Pilzbewuchs zu fressen. Unter den natürlichen Bedingungen des Bienennestes bleibt offenbar das Pilzwachstum so unter Kontrolle, dass es den Larven nicht schadet, sondern ihnen als Nahrung dient. Dabei spielt die Luftfeuchtigkeit eine wichtige Rolle.

Bei den Scaptotrigona depilis-Bienen produzieren Arbeiterinnen eine breiige Futtermasse, die ausgewürgt und in leere Brutzellen eingebracht wird. Dann legt die Königin jeweils ein Ei hinein und die Brutzelle wird verschlossen. Mit dem Schlüpfen der Larve beginnt auch ein sichtbares Pilzwachstum. Genetische Analysen ergaben, dass es sich dabei um einen Schlauchpilz der Gattung Monascus handelt. Andere Arten dieser Gattung werden in Asien traditionell genutzt, um Lebensmittel haltbar zu machen. Daher könnte der Pilz den Bienen nicht nur als Nahrung, sondern auch dazu dienen, den Futtervorrat für die Larven vor dem Verderben zu bewahren.

Schließlich prüften die Biologen, ob sich die Bienenlarven auch ohne den Pilz zum erwachsenen Tier weiterentwickeln können. Sie sterilisierten aus verschiedenen Nestern gesammelten Futterbrei durch UV-Bestrahlung. Einen Teil dieser Masse versetzten sie dann mit Pilzmyzel, füllten damit kleine Plastikgefäße und gaben jeweils eine frisch geschlüpfte Larve hinein. In den künstlichen Brutzellen überlebten mit dem Pilz 76 Prozent von 150 Larven, ohne den Pilz waren es nur acht Prozent. Weitere Untersuchungen ergaben, dass unter natürlichen Bedingungen die Pilze aus Sporen hervorgehen, die im Baumaterial der Brutzellen enthalten sind. Ein Teil dieses Materials wird stets zum Bau neuer Brutzellen oder eines neuen Nestes wiederverwendet, so dass für das Bienenvolk eine dauerhafte Versorgung mit der Pilznahrung sichergestellt ist.

„Symbiosen zwischen Bienen und Mikroorganismen scheinen häufiger vorzukommen, als wir bisher dachten, und können für die Gesundheit einer Kolonie wichtig sein“, sagt Menezes. Würden in der Landwirtschaft eingesetzte Fungizide in das Bienennest gelangen und damit das Pilzwachstum verhindern, könnte eine lebensnotwendige Nahrungsquelle der Larven zerstört werden, so dass die Kolonie ausstirbt.

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