Besser als Lotus-Effekt: Oberfläche stößt Wasser, Öl und Blut ab

Fleischfressende Pflanze ist Vorbild für vielseitige, selbstreinigende Beschichtung
Omniphobe Oberfläche (Grafik)
Omniphobe Oberfläche (Grafik)
© James C. Weaver/Peter Allen
Cambridge (USA) - Autofahrer können auf eine Windschutzscheibe hoffen, die sie nie mehr reinigen oder gar vom Eis befreien müssten. Nicht die selbstreinigenden Oberflächen von Lotus-Blättern, sondern eine fleischfressende Pflanze lieferte amerikanischen Forschern die Vorlage für eine neuartige Beschichtung. Rutschen in der Natur hilflose Insekten an den Innenwänden der Nepenthes-Pflanze unweigerlich in den Tod, fließen auf dem Nachbau im Labor Tropfen aus Wasser, Öl oder gar Blut spurlos ab. Verantwortlich dafür ist ein mit Flüssigkeit durchtränktes, hochporöses und zugleich durchsichtiges Material, dass die Forscher in der Zeitschrift "Nature" vorstellen. Bereits zum Patent angemeldet hoffen sie mit ihrer sogenannten omniphoben Beschichtung auf viele Anwendungen von der Ölpipeline, über medizinische Katheter bis zu selbstreinigenden, optischen Linsen.

"Der Effekt ist vergleichbar mit dem Aquaplaning bei einem Auto, bei dem die Reifen über das Wasser auf einer Fahrbahn gleiten", sagt Tak-Sing Wong von der Harvard University in Cambridge. Zusammen mit seinen Kollegen untersuchte er zuerst die Innenwände eines Blütenkelches der fleischfressenden Pflanze. Im Unterschied zu den extrem fein strukturierten und wasserabstoßenden Lotus-Blättern fanden sie dort eine mit Flüssigkeit durchtränkte poröse Schicht. Diese bauten sie aus einem Silizium-Polymer und Teflon nach. So erhielten sie ein ungeordnetes Netzwerk aus millionstel Millimeter kleinen Nanofasern. Wie ein Schwamm konnte sich dieses Material mit verschiedenen, wasser- und ölabstoßenden Flüssigkeiten vollsaugen.

Darauf tropften die Wissenschaftler verschiedene Flüssigkeiten wie Wasser, Öl oder Blut. Kein einziger Tropfen konnte sich auf dieser Oberfläche halten und alle rannen binnen kürzester Zeit spurlos wieder ab. Selbst unter sehr hohen Drücken und bei Temperaturen unter null Grad blieb keine Flüssigkeit haften. Sogar kleine Kratzer im Material konnten den Selbstreinigung-Effekt nicht stören, da sich diese von selbst schnell wieder verschlossen.

Viele Substanzen sind zum Bau solch poröser Beschichtungen geeignet. Daher können auch optisch transparente Werkstoffe gewählt werden, die mit Flüssigkeit durchtränkt weiterhin einen klaren Durchblick erlauben. "Das Material ist leicht skalierbar, weil man nahezu jedes poröse Material und eine Vielfalt an Flüssigkeiten wählen kann"; sagt Sung Hoon Kang, der ebenfalls an diesen Arbeiten beteiligt war.

"Die Ergebnisse sind sehr ermutigend, doch weitere Forschung ist vor konkreten Anwendungen nötig", beurteilt Michael Nosonovsky von der University of Wiskonsin-Milwaukee diese Arbeiten. Bevor Katheter, Fenster, Schiffsrümpfe oder Pipelines mit diesem Material beschichtet werden, muss die Langzeitstabilität belegt werden. Denn im Laufe der Zeit könnten die Flüssigkeiten, mit denen der Werkstoff durchtränkt wird, verdunsten. Doch die Forscher sind optimistisch, auch dieses Problem in den Griff zu bekommen und haben ihr "SLIPS" getauftes Material (Slippery Liquid-Infused Porous Surfaces) bereits zum Patent angemeldet.

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Quelle: "Bioinspired self-repairing slippery surfaces with pressure-stable omniphobicity",Tak-Sing Wong et al.; Nature, doi: 10.1038/nature10447


 

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