Ameisen transportieren Hefen in den Blütennektar

Das Hefewachstum verändert die Zusammensetzung der Zuckerlösung und könnte das Verhalten anderer Bestäuber beeinflussen
Nektar sammelnde Ameisen (Crematogaster auberti) in einer weiblichen Blüte von Cytinus hypocistis, dem Gelben Zistrosenwürger
Nektar sammelnde Ameisen (Crematogaster auberti) in einer weiblichen Blüte von Cytinus hypocistis, dem Gelben Zistrosenwürger
© Clara de Vega and Carlos M. Herrera, American Journal of Botany, DOI: 10.3732/ajb.1200626
Sevilla (Spanien) - Blütenpflanzen locken mit ihrem Nektar nicht nur Bienen an. Auch Ameisen nutzen den Nektar als Nahrungsquelle und helfen bei der Bestäubung, indem sie Pollen von Blüte zu Blüte transportieren. Sie übertragen dabei aber auch an ihrem Körper anhaftende Hefen. Diese vermehren sich im Nektar und verändern dadurch die Inhaltsstoffe der Zuckerlösung, berichten jetzt spanische Biologen im „American Journal of Botany“. Wie andere Bestäuber darauf reagieren und wie sich das letztlich auf die Samenproduktion der Pflanze auswirkt, ist bisher noch nicht untersucht.

„Die Zusammensetzung des Nektars wird also nicht allein von der Blüte kontrolliert – beteiligt daran sind auch Ameisen, die die Blüte besuchen“, sagt Clara de Vega von der Estación Biológica de Doñana in Sevilla. Zusammen mit Carlos Herrera konnte sie nachweisen, dass Ameisen indirekt den Zuckergehalt des Nektars in den Blüten der Schmarotzerpflanze Cytinus hypocistis verändern. Unter natürlichen Bedingungen werden die Blüten dieser Pflanzen fast ausschließlich von verschiedenen Ameisenarten bestäubt. Ihr Nektar enthält neben Aminosäuren hauptsächlich Rohrzucker (Saccharose) und dessen Spaltprodukte Glukose und Fruktose. Die Forscher untersuchten nun, wie sich das Mengenverhältnis der drei Zuckerarten verändert, wenn Ameisen vom Nektar trinken. Zur Kontrolle umhüllten die Biologen bei ihren Freilandexperimenten einige Blüten mit Nylonnetzen, um den Ameisen den Weg zu versperren. Der Nektar dieser Blüten blieb frei von Hefen. Das zeigte: Allein die Ameisen waren für deren Transport in den Zuckersaft verantwortlich.

Im Nektar der frei zugänglichen Blüten kam es nach einiger Zeit zu einem Wachstum von Hefen. Je stärker sie sich vermehrten, desto mehr sank der Gehalt an Saccharose bei gleichzeitigem Anstieg des Fruktose- und Glukoseanteils am Gesamtzuckergehalt. Offenbar werden also die Hefen, die sich auf der Körperoberfläche der Ameisen befinden, von den Insekten in den Nektar transportiert und verändern mit der Zeit dessen chemische Zusammensetzung. Diese ist zunächst je nach Pflanzenart unterschiedlich und wahrscheinlich an die Vorliebe des jeweils wichtigsten Bestäubers angepasst. Beispielsweise findet man in Blüten, die von Kolibris bestäubt werden, meist Nektar mit einem hohen Anteil an Saccharose.

Beim Wachstum von Hefen entsteht durch die Zuckervergärung auch Alkohol. Möglicherweise reagieren Bestäuber nicht nur auf ein verändertes Zuckerangebot, sondern auch auf einen erhöhten Alkoholgehalt. Dieser könnte nach Untersuchungen anderer Forscher verhindern, dass Bakterien wachsen, die den Nektar für Insekten ungenießbar machen. Ob der Hefetransport der Ameisen für die Pflanze tatsächlich von Vorteil ist, der sich in besserer Befruchtung und erhöhter Samenproduktion auswirkt, wollen die Forscher noch klären. Sie sind jedenfalls davon überzeugt, dass die bekannte Lebensgemeinschaft von Blütenpflanzen und Insekten auf drei Parteien erweitert werden muss, da auch Hefen und andere Mikroben dabei eine bisher übersehene Rolle spielen.

Zuckerhaltige Säfte sind ein wichtiger Bestandteil der Nahrung vieler Ameisenarten. In den Tropen locken 40 Prozent der Pflanzenarten mit ihrem Nektar Ameisen an, in der Mittelmeerregion sind es sogar 60 Prozent, schreiben die Autoren. Manche, meist tropische Pflanzen erzeugen Nektar auch außerhalb der Blüten. Sie profitieren dann von dauerhaften Besuchen der Ameisen, da diese Fraßfeinde abwehren. Hefen im Nektar wurden bei verschiedenen Pflanzenarten nachgewiesen, die in den Tropen oder in gemäßigten Klimazonen wachsen.

© Wissenschaft aktuell
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