Saurer Nektar: Gärung in der Blüte

Bakterien verderben Kolibris den Appetit und erschweren so die Bestäubung
Der Annakolibri (Calypte anna) besucht Blüten der Gauklerblume Mimulus aurantiacus.
Der Annakolibri (Calypte anna) besucht Blüten der Gauklerblume Mimulus aurantiacus.
© Marie-Pierre Gauthier
Stanford (USA) - Es ist eine der bekanntesten Symbiosen: Tiere bestäuben Blütenpflanzen und werden dafür mit Nektar belohnt. Aber da ist noch eine bisher kaum beachtete dritte Partei mit im Spiel – Mikroben, die sich im süßen Saft vermehren. Deren Rolle in dieser Lebensgemeinschaft von Pflanze und Tier haben amerikanische Biologen jetzt bei Gauklerblumen untersucht, die von Kolibris bestäubt werden. Wenn säurebildende Bakterien im Nektar wuchsen, verdarb das den Vögeln den Appetit und verringerte damit die Vermehrung der Pflanzen. Ein Wachstum von Hefen dagegen schadete beiden Symbiosepartnern nicht. Wahrscheinlich sind Mikroben im Nektar von genereller Bedeutung und beeinflussen auch die Bestäubung anderer Pflanzen durch Insekten, schreiben die Forscher im Fachblatt „Proceedings of the Royal Society B“.

„Erste Ergebnisse weiterer, noch nicht abgeschlossener Untersuchungen zeigen, dass auch Honigbienen hefehaltigen Nektar gegenüber bakterienhaltigem Nektar bevorzugen“, berichten die Forscher um Tadashi Fukami von der Stanford University. Der konzentrierte Zuckersaft ist für verschiedene Mikroben eine optimale Nahrungsquelle. Welche Keime sich darin wie stark vermehren, dürfte sich auf die Fruchtbarkeit einer Blüte auswirken. Die Dreierbeziehung zwischen Pflanze, Bestäuber und Nektarmikroben ist aber bisher nur wenig erforscht. Dabei könnte nach Ansicht der Autoren der Einfluss, den Bakterien und Hefen im Nektar auf die Bestäubung von Nutzpflanzen haben, von großer Bedeutung für die Landwirtschaft sein.

Die Forscher versetzten den in Blüten der Gauklerblume Mimulus aurantiacus gebildeten Nektar entweder mit Essigsäurebakterien der Gattung Gluconobacter oder mit der Hefe Metschnikowia reukaufii. Beide Mikroben kommen in freier Natur häufig im Nektar dieser und anderer Pflanzen vor. In den Experimenten wurden auch künstliche Blüten eingesetzt, um das Verhalten der natürlichen Bestäuber zu studieren. Die Kolibris besuchten Blüten mit bakterienhaltigem Nektar seltener und tranken weniger davon. Zudem entwickelten sich weniger Samen als bei naturbelassenen Blüten. Ein Hefezusatz hatte keine solchen Auswirkungen.

Laborversuche zeigten, dass wachsende Bakterien und Hefen die Zuckerlösung des Nektars auf verschiedene Weise veränderten. Nach bakteriellem Wachstum stieg der Säuregehalt stärker an und der Fruktoseanteil erhöhte sich. Die Biologen vermuten, dass beide Veränderungen den Kolibris die Mahlzeit verleiden könnten. Frühere Untersuchungen hatten ergeben, dass die Bestäuber nicht auf mögliche Geruchsstoffe reagieren, sondern den Nektar erst probieren müssen, um ihn zu beurteilen. In weiteren Forschungsarbeiten sollten nun auch andere Spezies von Pflanzen, Bestäubern und Mikroben überprüft werden. Dabei wäre es auch interessant zu erfahren, welche Mikrobenarten vom Bestäuber zu den Blüten transportiert werden und welche nicht. Es sei anzunehmen, so die Forscher, dass diejenigen Mikroben, die auf einen solchen Transport angewiesen sind, den Nektar weniger stark verändern, um sich nicht selbst zu schaden. Bakterien und Hefen, die auf anderen Wegen in die Blüten gelangen, brauchten keine Rücksicht darauf zu nehmen, durch eine starke Säureproduktion Bestäuber abzuschrecken.

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