Alzheimer: Wie Gene und Geschlecht das Risiko beeinflussen
„Unsere Erkenntnisse zeigen, wie klinische Studien verstärkt auf Frauen ausgerichtet werden könnten, um die Suche nach Alzheimer-Medikamenten zu beschleunigen“, sagt Arthur Toga von der University of Southern California in Los Angeles. Warum generell mehr Frauen als Männer an der Alzheimer-Demenz erkranken ist noch nicht geklärt. Zum einen leben Frauen einfach länger. Zum anderen könnte der vergleichsweise geringere Prozentsatz an Männern, die ein hohes Alter erreichen, insgesamt gesünder sein, so dass für sie das Demenzrisiko sinkt. Aber auch die Hormonumstellung nach der Menopause kann sich negativ auf Hirnfunktionen auswirken und so eine Alzheimer-Erkrankung begünstigen.
Die Forscher werteten Daten von 27 Einzelstudien aus, an denen knapp 58.000 Männer und Frauen aus Nordamerika und Europa im Alter zwischen 55 und 85 Jahren teilgenommen hatten. DNA-Analysen ergaben, welche Varianten des APOE-Gens im Erbgut jedes Einzelnen vorlagen. Träger von mindestens einem Gen vom Typ APOE4 erkranken bekanntlich eher an Alzheimer als Menschen mit anderen Genvarianten. Der Gentyp APOE2 ist sogar mit einem verringerten Krankheitsrisiko verbunden. Aufgrund der jeweiligen Diagnose erfolgte eine Einteilung aller Probanden in drei Gruppen: an Alzheimer erkrankt, leicht oder nicht kognitiv beeinträchtigt.
Insgesamt hatten sowohl Männer als auch Frauen mit einem APOE4-Gen dasselbe, etwa dreifach höhere Alzheimer-Risiko, verglichen mit denjenigen ohne APOE4-Gen. Doch in der Gruppe der 65- bis 75-Jährigen mit dieser genetischen Vorbelastung stieg der Wert bei den Frauen auf das 4,4-Fache, bei den Männern blieb er beim 3,1-Fachen. Im Alter zwischen 55 und 70 Jahren hatten Frauen mit einer APOE4-Genkopie im Vergleich zu Männern dieses Alters auch ein etwas höheres Risiko, leichte kognitive Störungen zu entwickeln, die als Vorstufe zu einer Demenz gelten. Mit zwei Kopien des APOE4-Gens im Genom erhöhte sich das Krankheitsrisiko noch stärker, aber unabhängig vom Geschlecht. Die Kombination von jeweils einem APOE2- und APOE3-Gen verringerte die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung bei Frauen um 49 Prozent, bei Männern um 29 Prozent.
Die Forscher könnten ein begrenztes Zeitfenster entdeckt haben, in dem Frauen mit einem APOE4-Gen besonders anfällig für die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz sind, schreiben Dena Dubal und Camille Rogine von der University of California in San Francisco in einem begleitenden Editorial. Offenbar laufen schon lange vor dem 65. Lebensjahr bei genetisch vorbelasteten Frauen nicht sichtbare Krankheitsprozesse ab, die in einigen Fällen schließlich zum Ausbruch der Demenz führen. Probandinnen mit APOE4-Genotyp könnten daher in zukünftigen Studien nicht nur die Suche nach Alzheimer-Medikamenten erleichtern. Sie könnten auch helfen, die Ursache dafür zu finden, warum Frauen häufiger an der Demenz erkranken als Männer.
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