Alleinerziehende Spinnenväter: Mehr Nachkommen und langes Leben

Die Männchen brasilianischer Weberknechte, die ihre Brut allein aufziehen, weisen eine positive Kosten-Nutzen-Bilanz auf
Auch während der männliche Weberknecht Iporangaia pustulosa das Gelege umsorgt (unten), kann er sich wiederholt mit Weibchen (oben) paaren und die Zahl seines Nachwuchses vergrößern.
Auch während der männliche Weberknecht Iporangaia pustulosa das Gelege umsorgt (unten), kann er sich wiederholt mit Weibchen (oben) paaren und die Zahl seines Nachwuchses vergrößern.
© Dr. Gustavo Requena
Sao Paulo (Brasilien) - Bei einer brasilianischen Art von Weberknechten kümmern sich allein die Väter um den Nachwuchs. Sie beschützen die Eier und versorgen die jungen Spinnen. Bisher glaubte man, dass die Väter den damit erhöhten Fortpflanzungserfolg mit einer verkürzten Lebenserwartung bezahlen müssen. Jetzt zeigen aber die Ergebnisse von Freilandstudien das Gegenteil: Zwar verschlechtert sich die körperliche Fitness der alleinerziehenden Väter. Aber da sie weniger umherstreifen, werden sie seltener gefressen und leben mindestens so lange wie Weibchen oder ungebundene Männchen, schreiben brasilianische Biologen im Fachblatt „PLoS ONE“. Der Nutzen dieses im Tierreich höchst ungewöhnlichen elterlichen Verhaltens dürfte also insgesamt größer sein als die Kosten.

„Ein geringeres Sterberisiko der Männchen in Kombination mit verbesserten Überlebenschancen der Eier könnte eine wichtige Rolle bei der Evolution väterlicher Fürsorge gespielt haben“, erklären Gustavo Requena von der University of Sao Paulo und seine Kollegen. Ein ganzes Jahr lang beobachteten die Forscher Weberknechte der Art Iporangaia pustulosa in ihrem natürlichen Lebensraum, einem bewaldeten Flussufer im Südosten Brasiliens. Die Weibchen legen nach der Begattung ihre Eier in einer Schleimschicht auf der Unterseite eines Blattes ab. Das Männchen bleibt ständig in der Nähe des Geleges, wehrt Räuber und Parasiten ab und versorgt die geschlüpften Spinnen mit Nahrung. Während dieser Zeit kann es weitere Weibchen begatten, die dann ihre Eier den bereits vorhandenen hinzufügen. Auf diese Weise kümmert sich das Männchen monatelang gleichzeitig um mehrere Gelege in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Die Weibchen bevorzugen als Partner den bereits praktizierenden fürsorglichen Vater gegenüber anderen Männchen, die noch keinen Nachwuchs betreuen. Nur wenn die Gelege bereits älter und die Männchen erschöpft sind, werden sie von den Weibchen abgelehnt.

Die Biologen markierten einzelne Weberknechte, um deren Lebensweise verfolgen zu können. Sie stellten schließlich fest, dass die mit der Brutpflege beschäftigten Männchen im Vergleich zu anderen Artgenossen deutlich weniger Nahrung aufnahmen, so dass sich ihr körperlicher Zustand verschlechterte. Überraschenderweise war jedoch ihr Sterberisiko geringer oder zumindest nicht erhöht. Ihr aufopferndes Verhalten konnte sich also deshalb im Lauf der Evolution entwickeln, weil der Nutzen die Kosten übertraf: Die Betreuung des Nachwuchses erhöhte die Zahl der Nachkommen, ohne die Häufigkeit der Paarungen mit verschiedenen Weibchen einzuschränken und die eigene Lebensdauer zu verkürzen. Und die Weibchen profitieren davon, ihr Gelege einer guten Obhut überlassen zu können und sich nicht weiter darum kümmern zu müssen.

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