Zuckermangel im Gehirn beeinflusst Wahrnehmung von Essen

Hirn-Scans zeigen: Allein der Anblick kalorienreicher Nahrung steigert die Hirnaktivität - insbesondere bei Übergewichtigen
New Haven (USA) - Ist das Gehirn hungrig, übt Essbares eine besonders hohe Anziehungskraft aus: Bei niedrigen Blutzuckerwerten löst schon der Anblick von Nahrungsmitteln Aktivität in bestimmten Hirnregionen aus und fördert so das Verlangen nach Essen. Das konnten amerikanische Forscher mit Hilfe von Hirn-Scans nun direkt beobachten, wie sie im "Journal of Clinical Investigation" berichten. Insbesondere sehr kalorienhaltige Leckereien sind dann nahezu unwiderstehlich. Bei Übergewichtigen allerdings ist dieser Mechanismus offenbar gestört, zeigen ihre Untersuchungen darüber hinaus. Sie reagieren bei Unterversorgung des Gehirns besonders stark auf diese Reize. Und darüber hinaus ist bei ihnen das Verlangen nach kalorienreicher Kost selbst bei normalen Glukosemengen nicht reduziert, was bei Normalgewichtigen durchaus der Fall ist.

"Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Übergewichtige eine eingeschränkte Fähigkeit haben könnten, den impulsiven Drang zu essen zu unterdrücken, insbesondere wenn ihre Glukosewerte unter den Normalwert fallen", erläutert Kathleen Page von der University of Southern California, Erstautorin der Studie. Mit Hilfe funktioneller Magnetresonanztomographie hatten Page und ihre Kollegen bei 21 Freiwilligen die Hirnaktivität erfasst, während sie über einen intravenösen Zugang die Menge an Glukose im Blut der Probanden manipulierten. Dabei zeigten sie ihnen Bilder kalorienreicher oder kalorienarmer Speisen oder von nicht essbaren Dingen.

Sie beobachteten: Bei sinkenden Glukosewerten werden Regionen aktiv, die mit dem Belohnungssystem des Gehirns zusammenhängen, und es entsteht ein Verlangen nach Essbarem. Außerdem verlieren regulierende Hirnbereiche die Fähigkeit, diesen Impuls zu bremsen. Die stärkste Wirkung hatte der Anblick kalorienreicher Speisen. Besonders auffallend war der Effekt bei Übergewichtigen, bei denen die Regelmechanismen zudem selbst bei ausreichender Glukoseversorgung nicht zu greifen scheinen. Die Forscher vermuten, dass Stresshormone, genauer gesagt das Stresshormon Cortisol, eine entscheidende Rolle bei diesen Prozessen spielen. Der durch den Glukoseabfall erzeugte Stress könnte daran beteiligt sein, die Belohnungsregionen zu aktivieren. "Das Gehirn braucht seine Nahrung", sagt Seniorautorin Rajita Sinha von der Yale University. "Der Schlüssel scheint zu sein, gesunde Nahrungsmittel zu essen, die den Glukose-Spiegel aufrechterhalten."

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Quelle: "Circulating glucose levels modulate neural control of desire for high-calorie foods in humans", Robert S. Sherwin, Rajita Sinha et al.; Journal of Clinical Investigation, doi:10.1172/JCI57873


 

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