Zahngesundheit verschlechterte sich seit der Jungsteinzeit

Bakterielle DNA in Zahnbelägen von Skeletten zeigt, dass sich mit der veränderten Ernährung auch der Anteil an Parodontitis- und Karies-Erregern im Mund erhöhte
Im Zahnstein sind Mundbakterien eingeschlossen, deren DNA sich noch nach Jahrtausenden nachweisen lässt.
Im Zahnstein sind Mundbakterien eingeschlossen, deren DNA sich noch nach Jahrtausenden nachweisen lässt.
© DRosenbach / Wikimedia Commons (gemeinfrei)
Adelaide (Australien) - Die Artenvielfalt der Bakterien im Mund des Menschen hat sich seit der Jungsteinzeit deutlich verringert. So konnten Krankheitserreger leichter den Mundraum besiedeln und die Anfälligkeit für Zahninfektionen stieg. Das schließen australische Forscher aus DNA-Analysen von Zahnstein bei prähistorischen, mittelalterlichen und modernen Menschen. Die naheliegende Erklärung: Der Beginn des Ackerbaus führte zu einer Umstellung der Ernährung auf kohlenhydratreiche Kost. Zudem erhöhte die industrielle Nahrungsproduktion ab Mitte des 19. Jahrhunderts den Zuckerkonsum. Zum Nachteil gesundheitsfördernder Mundkeime begünstigten beide Faktoren das Wachstum solcher Bakterien, die chronische Zahnerkrankungen wie Parodontitis und Karies verursachen, berichten die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature Genetics“.

„Die sinkende Artenvielfalt unserer Mundbakterien ermöglichte es, dass heute kariesverursachende Mikroben dominieren. Der Mund des modernen Menschen existiert im Grunde genommen in einem permanenten Krankheitszustand“, sagt Alan Cooper von der University of Adelaide. Sein Forscherteam untersuchte Zähne von 34 menschlichen Skeletten aus Nordeuropa. Die ältesten stammten von Jägern und Sammlern, die vor 7550 Jahren gelebt hatten, die anderen waren aus der Bronzezeit, dem Mittelalter oder der Jetztzeit. In den verkalkten Zahnbelägen waren Bakterien eingeschlossen. Deren DNA erlaubte die Identifizierung der Keimarten.

Wie die Analysen zeigten, veränderte sich das Spektrum der Mundkeimarten stark in der Jungsteinzeit, als die Menschen zu sesshaften Ackerbauern wurden und vermehrt Getreideprodukte verzehrten. Einen zweiten Veränderungsschub bewirkte der erhöhte Konsum von industriell erzeugtem Mehl und Zucker vor etwa 150 Jahren. Die Ernährungsumstellungen machten das ursprünglich stabile Ökosystem im Mund artenärmer und damit anfälliger für Störungen. Das erleichterte es Krankheitserregern, sich stärker zu vermehren und dauerhaft Fuß zu fassen. So erhöhte sich beispielsweise seit der Jungsteinzeit der Anteil an Porphyromonas gingivalis und Treponema-Arten, die als Parodontitiserreger gelten. Mit Beginn der industriellen Revolution setzten sich dann vermehrt Milchsäurebakterien der Art Streptococcus mutans durch, der wichtigste Erreger von Karies. Dagegen schrumpften im Lauf der vergangenen Jahrhunderte die Populationen von Ruminokokken, die der Zahngesundheit nützen.

Die mit der Sesshaftigkeit veränderte Ernährung könnte über die Mundkeime auch die Anfälligkeit für ganz andere Erkrankungen gesteigert haben: Denn bekanntlich vergrößert eine Parodontitis das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, Arthritis und Diabetes. Bei der Parodontitis verursachen verschiedene Bakterien eine Infektion, die Zahnfleisch, Zähne und Kieferknochen erfassen kann. Die dadurch ausgelöste chronische Entzündung wirkt sich auf den gesamten Organismus aus. Nach Angaben der Autoren leiden zurzeit weltweit 5 bis 20 Prozent der Erwachsenen an dieser Zahnbettinfektion. Von Karies, durch säurebildende Bakterien verursacht, sind 60 bis 90 Prozent der Schulkinder in den Industrieländern betroffen.

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