Wolkig mit Aussicht auf Artenvielfalt

Satellitenaufnahmen der Wolkendecke geben Aufschluss über den Reichtum an Tier- und Pflanzenarten in einer Region und die Grenzen zwischen einzelnen Ökosystemen
Grafische Darstellung der weltweiten Wolkendynamik
Grafische Darstellung der weltweiten Wolkendynamik
© Adam Wilson
New Haven (USA) - Wolken verraten weit mehr als nur etwas über das Wetter. Die Wolkendecke gibt auch Aufschluss über die Tier- und Pflanzenwelt, das sogenannte Biom: das gesamte Ökosystem eines bestimmten, großflächigen Bereiches der Erdoberfläche. Es handelt sich damit um einen Großlebensraum, der nicht nur die unbelebten Faktoren umfasst, sondern auch sämtliche Pflanzen und Tiere, die darin vorkommen können. Wolken beeinflussen Gegebenheiten wie Regen, Sonneneinstrahlung, Temperatur und Feuchtigkeit und damit in Folge eine Vielzahl wichtiger ökologischer Prozesse, darunter Wachstum, Überleben sowie Verhalten und Fortpflanzung von Organismen. Denn letztlich bestimmen die abiotischen Faktoren, wo Pflanzen und Tiere überleben können. Und tatsächlich beschreiben Variationen der Wolkendecke präzise die Grenzen einzelner Biome, konnten zwei US-Forscher jetzt anhand der Analysen von Satellitenaufnahmen zeigen. Wie sie im Fachblatt „PloS Biology” darlegen, kann eine solche Fernerkundung durchaus ein brauchbares Werkzeug für den Artenschutz und die Erkundung von Ökosystemen sein.

„Als wir die Daten grafisch dargestellt haben, war bemerkenswert, wie klar man viele unterschiedliche Biome der Erde sehen konnte, basierend auf der Häufigkeit und Zeit wolkiger Tage in den vergangenen 15 Jahren”, sagt Adam Wilson, mittlerweile tätig an der University at Buffalo, zur Zeit der Studie primär an der Yale University. „Wenn man die Grenze von einem in ein anderes Ökosystem überquerte, zeigten sich diese Übergänge sehr deutlich - und das Spannende ist, dass diese Daten es ermöglichen, diese Muster mit einer Auflösung von einem Kilometer unmittelbar zu beobachten.” Wilson und sein Kollege Walter Jetz hatten die Daten von zwei NASA-Satelliten aus 15 Jahren analysiert und eine umfassende Datenbank erstellt, die für nahezu jeden Quadratkilometer der Erde für jeden Tag im Zeitraum zwischen 2000 und 2014 zwei Bilder enthält. So konnten sie zeigen, schreiben sie, dass die Dynamik der Wolken rund um die Erde signifikant mit unterschiedlichen Aspekten von Lebensräumen und Biodiversität verknüpft ist.

Die Wolken können sogar Aufschluss über einzelne Tier- und Pflanzenarten geben und damit auch dem Artenschutz helfen, das konnten die beiden Forscher ebenfalls zeigen. Sie demonstrierten es anhand eines südamerikanischen Sperlingsvogels sowie eines südafrikanischen Federbusches. Indem sie die Muster der Wolken kalkulierten, konnten sie Größe und Ort von Habitaten der beiden Arten in beispiellosem Detail bestimmen. Demnach könne die Technik auch Einsatz finden, sagt Jetz, um die Lebensräume bedrohter Arten zu erforschen. „Die räumliche Verteilung von Artenvielfalt zu verstehen ist ganz entscheidend”, so Jetz, „wenn man sachkundige Entscheidungen über den Schutz von Arten treffen möchte.

Die Analysen von Wilson und Jetz haben einen ganz entscheidenden Vorteil. Bisherige Analysen von Wetter und entsprechende Rückschlüsse auf Lebensräume und Artenvielfalt greifen primär auf die Daten einzelner Wetterstationen zurück. Diese liefern aber eher punktuelle und keine global flächendeckenden Werte. Insbesondere für Lebensräume wie tiefste Regenwälder, die die größte Artenvielfalt beherbergen, fehle es an Daten, so die beiden Forscher. Die Ergebnisse zeigen, dass die Wolkendecke stark in ihrer geografischen Verschiedenartigkeit variiert und dass anhand der Beobachtung von Wolken Lebensräume, Ökosysteme und die Verteilung von Arten weit besser eingeschätzt werden können als anhand herkömmlicher Klimadaten.

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