Wie das Gesicht Krankheit signalisiert

„Das Hauptergebnis unserer Studie ist, dass eine Entzündung den mimischen Ausdruck von Emotionen so verändert, dass das Gesicht weniger Freude, mehr Traurigkeit und mehr Ekel signalisiert“, schreiben die Mediziner um Georgia Sarolidoua vom Karolinska Institut in Stockholm. Für ihre Untersuchungen injizierten sie 18 gesunden Männern und Frauen im Alter von durchschnittlich 23 Jahren Zellwandbestandteile von E. coli, sogenannte Lipopolysaccharide, und lösten damit Entzündungsreaktionen aus, wie sie auch bei einer Erkrankung ablaufen. Als Kontrolle erhielt jeder zu einem anderen Zeitpunkt eine wirkungslose Injektion mit Kochsalzlösung. Jeweils zwei Stunden nach der Injektion wurden die Probanden fotografiert – mit möglichst entspanntem und neutralem Gesichtsausdruck.
Eine zweite Gruppe von 46 Personen musste dann die insgesamt 36 in zufälliger Reihenfolge präsentierten Porträtaufnahmen bewerten. Dazu diente eine zehnstufige Skala, mit der die Gesundheit der fotografierten Person und deren Emotion (glücklich, ärgerlich, traurig, furchtsam, angeekelt, überrascht und neutral) beurteilt wurde. Als objektive Merkmale nutzten die Forscher Messwerte für die Position der Augenlieder und die Krümmung der Mundwinkel, die sich bei entzündlichen Erkrankungen verändern.
Die Testpersonen bewerteten die Gesichter der Menschen, die eine Kochsalzinjektion erhalten hatten, im Vergleich zu den anderen als gesünder. Nachdem die Lipopolysaccharide verabreicht worden waren, drückten die Gesichter verstärkt Trauer, weniger Freude und Überraschung und etwas mehr Ekel aus als die Kontrollen. Schon zwei Stunden nach Auslösung einer Entzündung lassen sich also im Gesicht verstärkte negative und verringerte positive Emotionen ablesen, die auf eine Erkrankung hinweisen. Der Ausdruck von Ekel könnte auf Übelkeit zurückzuführen sein, die einige Probanden nach der Injektion empfanden, vermuten die Forscher. Unter realen Bedingungen helfen zusätzliche Merkmale wie Gesichtsfarbe, Körperhaltung und Körpergeruch dabei, die Erkrankung eines Mitmenschen zu erkennen. Allerdings könnten bestimmte individuelle Merkmale des Gesichts, zum Beispiel die Position und Wirkung der Augenbrauen, aber auch ein höheres Alter des Menschen leicht zu fehlerhaften Urteilen führen.