Wie Usain Bolt seinen eigenen Rekord brechen könnte

Rückenwind, Höhe und andere Faktoren beeinflussen Laufgeschwindigkeiten messbar
Auckland (Neuseeland) - Wenn Usain Bolt am Sonntag seinen 100-Meter-Sprintrekord brechen will, hätte er die besten Chancen auf einem Berg bei leichtem Rückenwind. London hingegen liegt dafür eigentlich ungünstig, berichten neuseeländische Forscher. Sie untersuchten den Einfluss unterschiedlichster Faktoren auf das Lauftempo von Spitzensportlern. Unter günstigsten Bedingungen könnte der derzeit schnellste Mann der Welt seine Rekordzeit auf 9,48 Sekunden herunterschrauben, schreiben die Wissenschaftler im „European Journal of Sport Science“. Sie belegen, dass das Umfeld eines Laufes bis 400 Metern die Leistung stark beeinflusst. Sollte Bolt seinen Rekord auch in London bei Windstille brechen, so wäre der Erfolg allerdings seinen inneren Reserven zuzuschreiben.

Ein maximal erlaubter Rückenwind von 2 Metern pro Sekunde und eine Höhe von rund 1.000 Metern bei Olympischen Spielen fördern bei allen Kurzstreckenläufern optimale Zeiten, berichtet Steve Hollings vom Sports Performance Research Institute der Auckland University of Technology. Während die Höhe den Luftwiderstand senke und der Wind aktiv schiebe, sorge die Wichtigkeit eines großen Wettkampfes bei den Läufern zusätzlich für inneren Ansporn. Hollings’ Team hatte die vergangene Rekordentwicklung von Bolt näher betrachtet. Zudem untersuchte es empirisch bei 44.000 Läufen von 619 männlichen Spitzensportlern mit mindestens einer Olympia-Teilnahme den Einfluss des Umfelds. Die Forscher berücksichtigten dabei Faktoren wie Höhe, Windgeschwindigkeit, Wettkampfstätte in der Halle oder im Freien, Art des Wettbewerbs (Olympische Spiele und Weltmeisterschaft gegenüber weniger bedeutenden) oder auch elektronische oder manuelle Zeitmessung.

„Der Wind verbesserte Bolts Rekord um 0,04 Sekunden“, berichtet Hollings nach dem Vergleich von zwei 100-Meter-Rekorden des Jamaikaners: Bei den Olympischen Spielen 2008 in Beijing lief er bei Windstille 9,69 Sekunden, ein Jahr später bei den Weltmeisterschaften in Berlin verbesserte er das auf 9,58 Sekunden – bei einem Rückenwind von 0,9 Metern pro Sekunde. Den Berechnungen nach dürfte ein Rückenwind von 2 Metern pro Sekunde einem Spitzensportler beim 100-Meter-Lauf einen Vorteil von 0,07 bis 0,09 Sekunden verschaffen. Was die Berglage angeht, stellte der Forscher fest: „In gewisser Höhe können Sportler Kurzstreckenläufe besser bestehen, weil der Luftwiderstand niedriger ist.“ Das gelte dann auch für längere Laufstrecken. Zwar liefert die dünne Luft weniger Sauerstoff, was allerdings eher Langstreckenläufer beeinträchtigt, die im sogenannten aeroben Bereich laufen. Ihnen fehlt der Sauerstoff, sofern sie kein spezielles Höhentraining absolviert haben. Doch für die fünf Sprintdisziplinen (100, 200 und 400 Meter Sprint sowie 110 und 400 Meter Hürden) zeigt die Statistik: Je höher die Wettkampfstätte lag, desto schneller liefen die Sportler.

Immerhin auf die Wichtigkeit des Wettbewerbs kann Bolt in London fest zählen: Der Erwartungsdruck bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen wirkt zwar auf Langstreckenläufer offenbar etwas bremsend, doch bei Kurzstrecken hilft er, schreiben Hollings und Kollegen: Die Zeiten bei großen Wettbewerben verbesserten sich leicht um bis zu 0,8 Prozent.

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