Wie Spiderman: Vogelspinnen schießen Seide aus den Füßen

Mit gut haftenden Fäden aus Spinndrüsen an den Füßen können sich schwere Spinnen vor tödlichem Abstürzen schützen
Einen wichtigen Part beim Forschungsprojekt spielten die Häutungsreste von Rinds Vogelspinne
Einen wichtigen Part beim Forschungsprojekt spielten die Häutungsreste von Rinds Vogelspinne "Fluffy"
© Claire Rind
Newcastle (Großbritannien) - Droht eine Vogelspinne abzurutschen, so schießt sie klebrige Spinnfäden aus Drüsen am Fuß. Denn die üblichen Hafthaare an der Sohle, welche kleine Spinnen oder auch Geckos sogar an der Decke laufen lassen, reichen bei den großen schweren Vogelspinnen nicht aus. Zudem würde ein Sturz sie empfindlich verletzen. Dass die Klebfäden tatsächlich den nötigen Halt verleihen und nur im Notfall zum Einsatz kommen, konnten jetzt britische Forscher im "Journal of Experimental Biology" (DOI: 10.1242/jeb.055657) nachweisen. Sie bestätigen damit eine These deutscher Wissenschaftler von 2006, die seither aber stark angezweifelt wurde. Vogelspinnen erklettern Bäume und andere höhere Lagen, allerdings bringen sie bis zu 50 Gramm auf die Waage, was offenbar ein zusätzliches Sicherungssystem erfordert.

"Die Tiere sind sehr zart. Sie würden keinen Sturz überleben, egal aus welcher Höhe", erklärt Claire Rind von der University of Newcastle. Sie besitzt selbst eine Mexikanische Rotknie-Vogelspinne (Brachypelma smithi), was sie zur Überprüfung der umstrittenen These veranlasste. Im Jahr 2006 hatte ein Team um den Max-Planck-Forscher Stanislav Gorb im Fachblatt "Nature" postuliert, dass sich Vogelspinnen mithilfe von Spinnfäden an den Füßen vor Stürzen schützen. Dem widersprachen bald andere Teams, die keine Spur solcher Spinnfäden finden konnten oder erklärten, die Fäden seien nur zufällig auf den Fuß übertragen worden. Rind und ihre Kollegen gingen der Sachen nun in mehreren Schritten auf den Grund.

Zwtl: Klebfäden nur bei Abrutschen

Zum Test setzten Rind und ihr Team Vogelspinnen verschiedener Arten in einen Aquariumskasten mit sehr glattem Boden. Dann kippten sie den Kasten immer weiter, ohne dass die Spinnen abrutschten. Erst bei leichtem Wackeln drohten sie den Halt zu verlieren, fingen sich aber schnell wieder und blieben sicher auch auf der starken Schräge sitzen. Unter dem Mikroskop zeigten sich daraufhin minimale Spuren von Spinnenseide - je rund 30 Fäden - genau an jenen Stellen, wo die Füße der Tiere, die sogenannten Tarsen, beim Schütteln zuletzt gesessen hatten. In weiteren Tests bestätigte sich, dass die Seide nur aus dem Fuß der Spinnen gekommen war, und zwar nur dann, wenn sie den Halt zu verlieren drohten.

Um die Quelle der Fäden zu bestätigen, untersuchte Rind die Außenhüllen ihrer Spinne, die diese im Laufe ihres Wachstums beim Häuten jeweils hinter sich gelassen hatte. Vogelspinnen besitzen wie Krabben und Insekten ein festes Außenskelett, das nicht mitwächst, so dass sie es beim Häuten abstreifen. Tatsächlich entdeckte die Forscherin unter dem Mikroskop winzige Seidenfäden, die aus mikroskopisch kleinen Härchen am Fuß der Häutungsreste hervorkamen. Ebensolche Fäden entdeckten die Biologen an den Füßen der Roten Chile-Vogelspinne (Grammostola rosea) und der Indischen Baumvogelspinne (Poecilotheria regalis). Unter einem Rasterelektronenmikroskop zeigten sich gut am Fuß verteilt kleinste Spinnenseide produzierende Drüsen. Bislang waren nur die größeren Spinndrüsen am Bauch der Achtbeiner bekannt, mit deren Hilfe alle Spinnen klebrige und nicht klebrige Seidenfäden produzieren.

Obwohl die drei untersuchten Vogelspinnen-Arten miteinander nur entfernt verwandt sind, konnten die Forscher bei allen dasselbe Phänomen nachweisen. "Dies lässt vermuten", schreiben Rind und Kollegen, "dass das Absondern von Seide aus den Füßen unter Vogelspinnen weit verbreitet ist."

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Tarantulas cling to smooth vertical surfaces by secreting silk from their feet", C. Rind et al., Journal of Experimental Biology, Bd. 214, S. 1874-1879.
"Biomaterials: Silk-like secretion from tarantula feet", Stanislav N Gorb et al.; Nature Bd 443, S. 407,
doi:10.1038/443407a


 

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