Wie Pinguine sich in Wellen wärmen
"Wir wissen nicht, wo der Startpunkt dieser Wellen liegt", sagte Daniel P. Zitterbart von der Universität Erlangen-Nürnberg gegenüber dapd. "Manchmal drängen einzelne Tiere von außen hinein, in anderen Fällen aber beginnt die Bewegung wie aus dem Nichts heraus von irgendwo in der Gruppe." Der Physiker hatte im langen Winter an der Deutschen Antarktis-Station das Verhalten von in der Nähe lebenden Kaiserpinguinen (Aptenodytes forsteri) per Digitalkamera festgehalten. Im Sekundentakt fotografierte er ihre dicht stehende Kolonie. Diese Tausende von Bildern analysierte eine von Zitterbart entwickelten Software: Weil jeder Pinguin am Kopf einen einzigartigen hellen Seitenfleck besitzt, konnte der Bildverarbeitungs-Algorithmus die genaue Position und Bewegungsbahn aller einzelnen Pinguine in der Kolonie aus den Bildsequenzen herausarbeiten. Dabei zeigte sich die periodische Wellenbewegung, mit der die Tiere ihre scheinbare Bewegungsunfähigkeit aufheben.
"Dies ist ein effektives Beispiel, wie ein biologisches System ein physikalisches Problem löst", so Zitterbart. Indem einzelne Tiere ihre Position leicht verändern, veranlassen sie ihre Nachbarn ebenfalls dazu und starten so die Welle, die die gesamte Kolonie nach und nach durchmischt. Das entspricht den Partikeln in einem Kolloid, erklären die Forscher, in dem auch die Zufuhr von Energie - hier Bewegungsenergie - für eine Verschiebung der Teilchen gegeneinander sorgt. Die Pinguine haben dabei offenbar die ideale Packungsdichte gefunden: Stünden sie weniger eng, ginge Wärme verloren, stünden sie noch dichter, wären sie komplett bewegungsunfähig. In einem kommenden Projekt will Zitterbart eine fernsteuerbare Kameraanlage aufstellen, um die Bildfrequenz zu erhöhen und möglicherweise doch einen Startpunkt der Wellenbewegungen zu entdecken.
Kaiserpinguine sind die einzigen Wirbeltiere, die während des antarktischen Winters brüten. Die Männchen hüten ein einzelnes Ei, das auf ihren Füßen unter einer Bauchfalte liegt, und warten fastend auf das Frühjahr. Dabei müssen sie auch tiefe Temperaturen von minus 50 Grad Celsius und Sturmgeschwindigkeiten von 180 Kilometern pro Stunde überstehen. Während sich ihre Kolonien an wärmeren Wintertagen locker über die Eisfläche verteilen, finden sie sich bei besonderer Kälte zu den dicht zusammengedrängten Gruppen, sogenannten "Huddles" zusammen.