Wie Pinguine sich in Wellen wärmen

In dichter Packung stehende Pinguine können sich - wie Kolloide - nur durchmischen, wenn durch zugeführte Energie eine Bewegung aller Teile entsteht
Die hellen Seitenflecken am Kopf der Tiere (rot markiert) liefern dem Bildverarbeitungs-Algorithmus die Daten für die Bewegungsprofile der einzelnen Pinguine.
Die hellen Seitenflecken am Kopf der Tiere (rot markiert) liefern dem Bildverarbeitungs-Algorithmus die Daten für die Bewegungsprofile der einzelnen Pinguine.
© Universität Erlangen-Nürnberg
Nürnberg - Wenn sich Pinguine bei eisiger Kälte in der Gruppe wärmen, stehen sie zu eng beieinander, um sich einzeln bewegen zu können. Deshalb verfallen alle zusammen in koordinierte Wellen, damit auch die Tiere am Rand regelmäßig in die Mitte gelangen. So können die großen Vögel auch extreme Minustemperaturen und heftige Winterstürme überstehen, berichtet ein internationales Forscherteam nach einem Winter in einer Antarktis. Wichtig ist, dass alle Pinguine ständig minimal ihren Platz ändern. Damit wird die ganze Gruppe stetig durchmischt. Diese genau aufeinander abgestimmten, periodischen Bewegungen erinnern an das Kneten von Teig, schreiben die Forscher im Fachblatt Zeitschrift "PLoS ONE" (doi: 10.1371/journal.pone.0020260). Die Wärme in der Mitte der Gruppe, die bis zu plus 37 Grad Celsius erreichen kann, wird so gerecht an alle verteilt.

"Wir wissen nicht, wo der Startpunkt dieser Wellen liegt", sagte Daniel P. Zitterbart von der Universität Erlangen-Nürnberg gegenüber dapd. "Manchmal drängen einzelne Tiere von außen hinein, in anderen Fällen aber beginnt die Bewegung wie aus dem Nichts heraus von irgendwo in der Gruppe." Der Physiker hatte im langen Winter an der Deutschen Antarktis-Station das Verhalten von in der Nähe lebenden Kaiserpinguinen (Aptenodytes forsteri) per Digitalkamera festgehalten. Im Sekundentakt fotografierte er ihre dicht stehende Kolonie. Diese Tausende von Bildern analysierte eine von Zitterbart entwickelten Software: Weil jeder Pinguin am Kopf einen einzigartigen hellen Seitenfleck besitzt, konnte der Bildverarbeitungs-Algorithmus die genaue Position und Bewegungsbahn aller einzelnen Pinguine in der Kolonie aus den Bildsequenzen herausarbeiten. Dabei zeigte sich die periodische Wellenbewegung, mit der die Tiere ihre scheinbare Bewegungsunfähigkeit aufheben.

"Dies ist ein effektives Beispiel, wie ein biologisches System ein physikalisches Problem löst", so Zitterbart. Indem einzelne Tiere ihre Position leicht verändern, veranlassen sie ihre Nachbarn ebenfalls dazu und starten so die Welle, die die gesamte Kolonie nach und nach durchmischt. Das entspricht den Partikeln in einem Kolloid, erklären die Forscher, in dem auch die Zufuhr von Energie - hier Bewegungsenergie - für eine Verschiebung der Teilchen gegeneinander sorgt. Die Pinguine haben dabei offenbar die ideale Packungsdichte gefunden: Stünden sie weniger eng, ginge Wärme verloren, stünden sie noch dichter, wären sie komplett bewegungsunfähig. In einem kommenden Projekt will Zitterbart eine fernsteuerbare Kameraanlage aufstellen, um die Bildfrequenz zu erhöhen und möglicherweise doch einen Startpunkt der Wellenbewegungen zu entdecken.

Kaiserpinguine sind die einzigen Wirbeltiere, die während des antarktischen Winters brüten. Die Männchen hüten ein einzelnes Ei, das auf ihren Füßen unter einer Bauchfalte liegt, und warten fastend auf das Frühjahr. Dabei müssen sie auch tiefe Temperaturen von minus 50 Grad Celsius und Sturmgeschwindigkeiten von 180 Kilometern pro Stunde überstehen. Während sich ihre Kolonien an wärmeren Wintertagen locker über die Eisfläche verteilen, finden sie sich bei besonderer Kälte zu den dicht zusammengedrängten Gruppen, sogenannten "Huddles" zusammen.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Coordinated Movements Prevent Jamming in an Emperor Penguin Huddle", D.P. Zitterbart, B. Wienecke, J.P. Butler, B. Fabry; PLoS ONE 6(6): e20260. doi:10.1371/journal.pone.0020260


 

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