Wie Computer-Chips noch unter Bruthitze rechnen können
"Elektronische Siliziumkarbid-Plattformen gelten heute als die viel versprechendste Technologie für Hochtemperatur-Anwendungen", schreiben Te-Hao Lee und seine Kollegen von der Case Western Reserve University in Cleveland. Zwar nutzen erste Feldeffekttransistoren bereits die breite Bandlücke von Siliziumkarbid, sind aber noch vergleichsweise groß und brauchen hohe Schaltspannungen. Diese Probleme konnte die Forscher nun mit einem filigranen SiC-Modul lösen, das sich bereits mit Spannungen von sechs Volt schalten ließ.
Lee und Kollegen deponierten auf einem Siliziumwafer mit einer etwa 500 Nanometer dicken Schicht aus Siliziumdioxid mit Hilfe der Elektronstrahl-Lithographie und herkömmlichen Ätzmethoden eine dreidimensionales nanomechanisches Hebelwerk. Bei angelegten negativen oder positiven Schaltspannungen wirkten auf zwei etwa 200 Nanometer dicke SiC-Hebel elektrostatische Kräfte. Dadurch wurden sie angezogen und konnten einen elektrischen Kontakt zwischen zwei getrennten Elektroden aufbauen. Dieser Schaltprozess, der der logischen Funktion eines Inverters entspricht, bildet die Grundlage für Hitze-Chips, die ohne Kühlung beispielsweise in heißen Triebwerken oder in Bohrlöchern für Geothermie-Kraftwerke angewendet werden könnten.
Der Prototyp erreichte bei Raumtemperatur eine Schaltfrequenz von 21 Milliarden Zyklen pro Sekunde, bei 500 Grad Celsius sank diese auf etwa zwei Milliarden Zyklen pro Sekunde ab. Das entspricht einer Taktung von zwei Gigahertz. Wegen der geringen Leckströme von weniger als zehn Femtoampere konnte zuverlässig zwischen "An" und "Aus" entsprechend den digitalen Werten "1" und "0" unterschieden werden. Um eine Oxidation der verwendeten Materialien zu vermeiden, wurden diese Versuche unter einer schützenden Stickstoffatmosphäre durchgeführt.
Im Vergleich zu den 90-Nanometer-Strukturen herkömmlicher Silizium-Transistoren ist dieser nanomechanische Inverter mit einem Zehntel Quadratmikrometer vergleichsweise groß. Doch mit verbesserten nanolithografischen Verfahren hoffen die Forscher auf eine weitere Verkleinerung. Auch die Schaltspannungen könnten mit kleineren Abständen weiter gesenkt werden. Vorbild sind hier NEMS-Module mit Hebeln aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen, mit denen Schaltspannungen von vier Volt bereits erreicht wurden. Dieser Werkstoff ist für Hochtemperatur-Anwendungen allerdings nicht geeignet. Bis zu einem funktionierenden NEMS-Prozessor ist der Weg allerdings noch weit. So müssten weitere, logische Schaltprozesse mit den Nanohebeln demonstriert werden. Klappt dieser Schritt, könnten Siliziumkarbid-Module - in einer luftdichten Vakuumkammer vor Oxidationsprozessen geschützt – bald ihre Hitzefestigkeit in der Praxis unter Beweis stellen.