Weniger Antibiotika bei Harnwegsinfektionen

Die Bereitschaft von Patientinnen, zunächst auf die Medikamente zu verzichten, ist größer als gedacht
Amsterdam (Niederlande) - Bei Verdacht auf einen akuten Harnwegsinfekt verschreibt der Arzt meist sofort ein Antibiotikum. In vielen Fällen wäre das aber gar nicht unbedingt nötig. In einer kleinen niederländischen Studie fragten Ärzte ihre Patientinnen, ob sie bereit wären, eine Woche lang auf Antibiotika zu verzichten. Mehr als jede dritte Frau willigte ein. Bei den meisten von denen, die das auch durchhielten, verschwanden die Symptome teilweise oder ganz, berichten die Mediziner im Fachblatt „BMC Family Practice“. Ein verringerter Einsatz von Antibiotika könnte helfen, die Entwicklung resistenter Bakterien zu verhindern. Daher schlagen die Autoren vor, einen unkomplizierten Harnwegsinfekt nach Absprache mit den Patienten zunächst nur mit Schmerzmitteln zu behandeln.

„Häufiger als viele Ärzte glauben, könnten Frauen dazu bereit sein, die Behandlung mit Antibiotika aufzuschieben“, sagt der Leiter der Studie Bart Knottnerus von der Universität von Amsterdam. Aus anderen Untersuchungen ist bekannt, dass sich bei 25 bis 50 Prozent der Frauen mit Harnwegsinfektionen die Beschwerden auch ohne Medikamente innerhalb einer Woche bessern. Denn oft reicht die natürliche Immunabwehr aus, um leichte Infektionen erfolgreich zu bekämpfen. Knottnerus und seine Kollegen werteten Daten von 137 Patientinnen aus, die wegen Beschwerden beim Wasserlassen einen Arzt aufgesucht hatten. Davon waren 37 Prozent damit einverstanden, zunächst eine Woche lang auf den üblichen Einsatz eines Antibiotikums zu verzichten. Das hielt aber nur etwa die Hälfte durch. Bei 71 Prozent von diesen waren dann die Symptome völlig oder teilweise verschwunden. In keinem Fall hatte sich die Infektion in die Nieren ausgebreitet und zu einer Pyelonephritis weiterentwickelt.

Möglicherweise sei die Bereitschaft, keine Antibiotika einzunehmen und Beschwerden auszuhalten bei Patientinnen in anderen Ländern geringer als in den Niederlanden, räumen die Forscher ein. Harnwegsinfekte zählen generell zu den häufigsten Infektionen bei Frauen. Je öfter zur Therapie Antibiotika eingesetzt werden, desto größer ist die Gefahr, dass sich resistente Bakterien entwickeln. Eine einfache aber effektive Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, wäre es daher nach Ansicht der Autoren, die Beschwerden zunächst nur mit Schmerzmitteln zu behandeln.

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