Was See-Elefanten und starke Raucher verbindet
„Ihre Blutwerte ähneln denen von Menschen, die 40 Zigaretten am Tag rauchen“, kommentiert Michael Tift von der Scripps Institution of Oceanography in La Jolla seine Messergebnisse. Sein Forscherteam analysierte Blutproben von Nördlichen See-Elefanten (Mirounga angustirostris) unterschiedlichen Alters, um den Gehalt an Carboxy-Hämoglobin zu ermitteln. Dieses entsteht, wenn Kohlenmonoxid (CO) ins Blut gelangt und sich mit dem Hämoglobin in den roten Blutkörperchen verbindet. Das so veränderte Hämoglobin kann dann seine Funktion nicht mehr erfüllen – Sauerstoff zu binden und zu transportieren. Bei einem Nichtraucher sind nur ein Prozent des gesamten Hämoglobins durch CO blockiert. Dieses CO bildet sich durch den normalen Abbau von Hämoglobin und einiger anderer Proteine. Bei einem starken Raucher steigt der CO-Hämoglobingehalt auf etwa sieben Prozent an. Ab 20 Prozent kommt es zu Kopfschmerzen, Übelkeit und Atemnot. Steigt der Wert über 50 Prozent tritt der Tod durch Ersticken ein.
Bei erwachsenen See-Elefanten lagen im Schnitt 8,7 und maximal 10,4 Prozent des Hämoglobins an CO gebunden vor. Dieser dauerhaft hohe Wert könnte auf zwei Ursachen zurückzuführen sein, so die Forscher. Zum einen zählen See-Elefanten zu den Säugetieren mit der höchsten Menge und Konzentration an Hämoglobin im Blut und produzieren entsprechend viel CO beim Abbau dieses Proteins. Zum anderen verbringen die Tiere neun bis zehn Monate im Jahr auf dem Meer und 90 Prozent dieser Zeit unter Wasser. Ihre etwa 20-minütigen Tauchgänge bis in Tiefen von mehr als 500 Metern unterbrechen sie nur für zwei bis drei Minuten zum Atemholen. Auch beim Ruhen an Land setzt ihr Atmen oft für bis zu 25 Minuten aus. Sie können daher nicht genügend CO durch Ausatmen abgeben.
Die Forscher vermuten aber, dass die Evolution diesen Nachteil in einen Vorteil umgewandelt hat: Denn der dauerhaft hohe CO-Spiegel könnte die Tiere davor schützen, dass die plötzliche Sauerstoffzufuhr beim Atemholen Schäden im Körper verursacht. Diesen möglichen Schutzeffekt wollen die Biologen nun näher untersuchen. Daraus könnten sich auch nützliche Hinweise für die Behandlung von Schlaganfall- und Infarktpatienten ergeben, die unter den Folgen einer sogenannten Reperfusion leiden. Dabei kommt es zu Zellschäden, wenn nach vorübergehend unterbrochener Blutzufuhr die Durchblutung eines Gewebes wiederhergestellt wird. Erste klinische Studien haben bereits gezeigt, dass die Verabreichung geringer Mengen an Kohlenmonoxid solche Schäden verringern kann.