Was Bilder unvergesslich macht

Analyse liefert Computeralgorithmus, der die Erinnerungswürdigkeit von Fotomotiven vorhersagen kann
Cambridge (USA) - Der Inhalt eines Bildes bestimmt seinen Erinnerungswert mehr als künstlerische Faktoren wie Goldener Schnitt oder die Farbgebung. Dabei sind es meist Menschen, die anderen Betrachtern im Gedächtnis hängen bleiben - selbst wenn sie sie vorher nie gesehen haben, berichten US-Forscher. Sie hatten untersucht, welche von rund zehntausend Bildern am besten erinnert werden. Aus ihrer Analyse entstand zudem ein Rechenalgorithmus, mit dem ein Computer diesen Erinnerungswert für jedes Bild vorhersagen kann. Das Team wird ihn im Juni auf der "IEEE-Conference on Computer Vision and Pattern Recognition" in Colorado Springs vorstellen. Der Studie nach sind es Menschen, Szenen im Innenraum und Motive im menschlichen Größenmaßstab, die beim Durchblättern vieler Bilder deutlich besser erinnert werden als die schönste Landschaft oder Stadtansicht. Ausnahmen bestätigen die Regel: Überraschende Elemente sorgen für besseres Hängenbleigen, etwa wenn eine Landschaft ungewöhnlich geformte Hecken enthält. Erkenntnis und Algorithmus könnten künftig nicht nur Fotografen und Werbern bei der Bildauswahl helfen. Auch Kamerahersteller und Demenzforscher könnten profitieren.

"Bildschönheit und Erinnerungswürdigkeit sind nicht dasselbe", erklärt Phillip Isola, Hauptautor der Studie und Doktorand am Massachusetts Institute of Technology MIT. Deshalb hatte sein Team aus Kognitionsforschern und Computerwissenschaftlern des MIT in seiner Studie nicht die üblichen - und von anderen zuvor untersuchten - Bildeigenschaften unter die Lupe genommen. Statt auf Bildqualität, Attraktivität, Bildaufbau, Farbharmonie, Auffälligkeit oder Wichtigkeit der Objekte zu achten, suchten sie vielmehr danach, ob unterschiedlichen Menschen ähnliche Bilder im Gedächtnis bleiben - und weshalb. Bislang hatten Experten vermutet, dass für jeden Menschen unterschiedliche Dinge ganz subjektiv als erinnerungswürdig gelten. Doch die Studie zeigte, sagt Aude Oliva, MIT-Professorin für Kognitionsforschung: "Es gibt immer Unterschiede zwischen den Betrachtern. Aber im Schnitt herrscht eine große Übereinstimmung."

Bilderflut im Gedächtnis

Olivas frühere Studien hatten gezeigt, dass das menschliche Hirn tausende von Bildern erinnern kann, teils sogar mit verblüffend vielen Details. Manche allerdings bleiben länger hängen als andere, selbst wenn sie nur einmal kurz gesehen wurden. Nun stellte das Team eine Sammlung aus 10.442 Bildern aller Art zusammen, von Innenansichten über Industrie- und Naturmotive bis zu Menschenszenen. Aus dieser Bilddatenbank erstellten die Forscher ein Memoryspiel, das sie von 665 Freiwilligen ausführlich spielen ließen. Diese bekamen in verschiedenen Reihenfolgen und Spielniveaus die Bilder vorgelegt und mussten jeweils einen Knopf drücken, wenn sie es wiedererkannten. Später halfen sie beim Erstellen einer "Merklandkarte" einzelner Bilder, indem sie ihren Inhalt beschrieben. Daraus und aus der Spielauswertung erstellte Isolas Team letztendlich den Algorithmus, mit dessen Hilfe Andere künftig dieselbe Bildbewertung vornehmen können.

In weiteren Studien wollen die Forscher jetzt das Behalten von Bildern im Langzeitgedächtnis untersuchen. Ihre Erkenntnisse zu den Bildinhalten, die in Erinnerung bleiben, könnte auch Hirnforschern herausfinden helfen, welche Bereiche des visuellen Gedächtnisses bei bestimmten psychologischen oder physiologischen Hirnschäden betroffen sind. Zudem plant Isola, den Algorithmus schneller zu machen, um ihn in eine iPhone-App einzubetten - es könnte zu jedem Bild gleich die Rückmeldung liefern wie unvergesslich es ist.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: Quelle: "What makes an image memorable?", Phillip Isola. Jianxiong Xiao. Antonio Torralba. Aude Oliva; Präsentation zur "IEEE-Conference on Computer Vision and Pattern Recognition".


 

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