Warum Chorea Huntington erst bei Erwachsenen ausbricht

Defektes Protein blockiert den Stofftransport in Hirnzellen und damit die Signalübertragung, so dass die Nervenzellen mit der Zeit absterben
Schema einer Nervenzelle
Schema einer Nervenzelle
© LadyofHats
Chicago (USA) - Bisher war unklar, warum die Erbkrankheit Chorea Huntington erst im Erwachsenenalter ausbricht und nur im Gehirn Schäden verursacht. Jetzt haben amerikanische Forscher eine Erklärung gefunden: Das durch den Gendefekt veränderte Protein Huntingtin aktiviert ein Enzym, das nur in Hirnzellen vorkommt. Das behindert den Stofftransport vom Zentrum der Zellen bis zum Ende der Nervenfortsätze. Dadurch wird die Signalübertragung zwischen zwei Neuronen beeinträchtigt, so dass die Zellen ihre Funktion verlieren und schließlich absterben. In der Jugend macht sich die Störung noch nicht bemerkbar, da sie durch einen hohen Stoffwechsel kompensiert werden kann. Auch bei anderen degenerativen Hirnerkrankungen könnte ein Defekt der chemischen Signalübertragung eine wichtige Rolle spielen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Nature Neuroscience".

"Die Hemmung des neuronalen Transports reicht aus, um zu erklären, was bei der Huntington-Krankheit passiert", sagt Scott Brady von der University of Illinois in Chicago. Hirnzellen stehen über lange Fortsätze, so genannte Axone, miteinander in Verbindung. Chemische Signalstoffe müssen bis zu deren Ende, den Synapsen, transportiert werden, damit eine Signalübertragung möglich ist. In Versuchen mit Nervenzellen und Mäusen konnten die Forscher zeigen, dass das krankhaft veränderte Huntingtin-Protein die Aktivität des Enzyms JNK3 in den Zellen verstärkt. Dadurch wird das für den Stofftransport benötigte Protein Kinesin-1 so verändert, dass es seine Funktion nicht mehr erfüllen kann. Hirnzellen, die keine Signale mehr übertragen können, beginnen mit der Zeit abzusterben. Erst dann treten Krankheitssymptome auf, die auf dem fortschreitenden Verlust der Hirnleistung beruhen.

Einen gestörten Stofftransport innerhalb der Axone von Hirnzellen sehen die Forscher als gemeinsames Merkmal verschiedener neurodegenerativer Hirnkrankheiten, die erst bei Erwachsenen ausbrechen. Dazu zähle auch die Alzheimer-Demenz. Die Chorea Huntington, wegen der plötzlichen, unkontrollierbaren Bewegungen von Armen und Beinen auch Veitstanz genannt, bricht bei allen Trägern des Huntingtin-Gens zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr aus. Zusätzlich zu den Bewegungsstörungen kommt es zu starken psychischen Veränderungen. Das unaufhaltsame Absterben der Gehirnzellen führt zur fortschreitenden Demenz.

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Quelle: "Pathogenic huntingtin inhibits fast axonal transport by activating JNK3 and phosphorylating kinesin", Gerardo A. Morfini et al., Nature Neuroscience, Online-Publikation, DOI: 10.1038/nn.2346


 

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