Vögel beschleunigten das Aussterben von Rieseninsekten

Wahrscheinlich begrenzte nicht allein der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre die Größe fliegender Insekten in früheren Erdzeitaltern
Fossilabdruck einer Libelle aus dem Jura (Museum Mensch und Natur, München)
Fossilabdruck einer Libelle aus dem Jura (Museum Mensch und Natur, München)
© Wissen / Wikimedia Commons
Santa Cruz (USA) - Im Zeitalter des späten Karbon ermöglichte es ein erhöhter Sauerstoffgehalt der Atmosphäre, dass sich Riesenlibellen mit Flügelspannweiten von 70 Zentimetern entwickeln konnten. Aber auch biologische Faktoren haben die maximale Größe von Fluginsekten im Lauf der Evolution beeinflusst, berichten jetzt amerikanische Forscher. Funde zahlreicher, bis zu 320 Millionen Jahre alter fossiler Insekten zeigten, dass deren Größe vor 150 Millionen Jahren wieder abnahm, obwohl der Sauerstoffgehalt weiter stieg. Eine naheliegende Erklärung dafür sei die zeitgleiche Evolution der Vögel, denen große Insekten häufiger zum Opfer fielen als kleine, schreiben die Biologen im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)“.

„Es ist immer eine Kombination aus Umwelteinflüssen und ökologischen Faktoren, die die Körpergröße bestimmt. Und es gibt viele ökologische Gründe, warum heutige Insekten klein sind“, sagt Matthew Clapham von der University of California in Santa Cruz. Generell steigt mit der Körpergröße eines Tieres der Energiebedarf und damit der Sauerstoffverbrauch. Bei den Insekten wird der Luftsauerstoff über ein System sich verzweigender Röhren, die Tracheen, im ganzen Körper verteilt. Besonders viel Sauerstoff benötigt die Flugmuskulatur. Daher besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Sauerstoffgehalt der Luft und der Körpergröße, die Fluginsekten erreichen können. Gegen Ende des Karbonzeitalters lag der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre mit 30 Prozent deutlich über dem heutigen Wert von 21 Prozent, was die Entwicklung sehr großer Arten fliegender Insekten begünstigte.

Zusammen mit Jered Karr untersuchte Clapham die Beziehung zwischen den Schwankungen des Sauerstoffgehalts der Luft während der vergangenen 320 Millionen Jahre und der maximalen Körpergröße von Fluginsekten. Dazu werteten die Forscher mehr als 10.500 Fossilfunde aus. Zunächst veränderte sich im Lauf der Evolution die maximale Körpergröße parallel zum Sauerstoffgehalt. Doch mit Beginn der Kreidezeit ging dieser Zusammenhang verloren. Trotz steigendem Sauerstoffgehalt wurden die Insekten kleiner. „Und das fällt erstaunlich genau mit der Evolution der Vögel zusammen“, sagt Clapham. Je größer das Insekt, umso leichter konnte es zur Beute räuberischer Vögel werden. Kleinere Insekten dagegen profitierten von einer besseren Wendigkeit beim Flug, erklären die Forscher.

Ein vergleichbarer Einfluss der Flugsaurier, die sich vor 230 Millionen Jahren entwickelten, ließ sich – unter anderem wegen einer zu geringen Zahl von Fossilfunden – nicht sicher nachweisen. Gegen Ende der Kreidezeit vor 65 Millionen Jahren könnte die weitere Entwicklung der Vögel – ihre verbesserten Flugkünste und Fangtechniken – sowie die Evolution der Fledermäuse und andere Faktoren zu einem nochmaligen Schrumpfen der Insektengröße beigetragen haben. Diese Arbeit untersuche nicht die durchschnittliche, sondern die zu unterschiedlichen Zeiten maximal erreichte Größe von Fluginsekten, sagt Clapham. Diese sei leichter zu ermitteln, da sich Fossilien großer Tiere eher erhalten und häufiger gefunden werden. Zu Zeiten der Riesenlibellen habe es natürlich auch Arten von Insekten gegeben, die so klein waren, wie wir sie heute kennen.

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Quelle: „Environmental and biotic controls on the evolutionary history of insect body size”, Matthew E. Clapham and Jered A. Karr, Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), DOI: 10.1073/pnas.1204026109


 

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