Vitamin D gegen Multiple Sklerose

„Wenn es gelingt, diesen natürlichen Schutzmechanismus auszunutzen, könnte eine solche Behandlung genauso wirksam und sogar sicherer sein als eine Therapie mit derzeit verfügbaren Medikamenten”, sagt Anne Gocke von der Johns Hopkins University in Baltimore. Bei der MS bilden sich in den Lymphknoten krankhafte Immunzellen vom Typ der T-Helferzellen, die in den Blutstrom gelangen und von dort aus in Gehirn und Rückenmark eindringen. Dort greifen sie die schützende Myelinhülle der Nervenfasern an und stören damit die Weiterleitung von Signalen. Das führt zu den typischen Krankheitssymptomen wie Lähmungen, Sprech- und Sensibilitätsstörungen.
Die Forscher lösten bei Mäusen eine MS-ähnliche Erkrankung aus. Gleichzeitig behandelten sie die Tiere täglich mit einer hohen Dosis der biologisch aktiven Form von Vitamin D. Diese Mäuse entwickelten keine Symptome, obwohl eine große Zahl krankheitstypischer T-Zellen im Blut nachweisbar war. Allerdings fanden sich nur sehr wenige dieser Immunzellen in Gehirn und Rückenmark. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass die Vitaminbehandlung zwar nicht die Entstehung der krankhaften T-Zellen verhindert, wohl aber deren Eindringen in das zentrale Nervensystem. Wahrscheinlich blockiert das Vitamin die Produktion spezieller Proteine, die für das Durchdringen der Blutgefäßwände im Gehirn nötig sind. Nach Abbruch der Vitamin D-Behandlung entwickelten sich bei den Mäusen sehr schnell wieder Krankheitssymptome.
Wenn MS-Patienten mit Medikamenten behandelt werden, die das Immunsystem unterdrücken, steigt die Anfälligkeit für Infektionen. Auch nach Absetzen der Medikamente kann es dann noch einige Wochen dauern, bis sich die Immunabwehr wieder normalisiert. Es wäre ein Vorteil einer Vitamin D-Behandlung, dass bei einer Unterbrechung der Therapie das Immunsystem sehr schnell wieder seine Funktionsfähigkeit zurückgewinnt und Infektionserreger abwehren kann, sagt Gocke. Erste klinische Studien sind bereits angelaufen, die den Erfolg der Vitamin-Therapie bei MS-Patienten prüfen sollen. In Deutschland leiden etwa 122.000 Menschen unter der neurologischen Erkrankung. Die Diagose erfolgt meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Betroffen sind deutlich mehr Frauen als Männer.
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