Violette Tomaten
"Das ist das erste Beispiel dafür, dass eine genetisch veränderte Nahrungspflanze ein Merkmal besitzt, das wirklich allen Verbrauchern einen möglichen Nutzen bringt", sagt Cathie Martin vom John Innes Centre in Norwich, Koordinatorin des europäischen Forschungsprojekts. Den Wissenschaftlern aus Großbritannien, Deutschland, Italien und den Niederlanden war es gelungen, zwei Gene des Garten-Löwenmauls (Antirrhinum majus), die für die Blütenfärbung verantwortlich sind, in das Erbgut von Tomaten einzuschleusen. Die Gene bewirkten, dass sich der Gehalt an wasserlöslichen Antioxidantien auf das Dreifache erhöhte. Die Produktion von Anthocyanen in Haut und Fleisch der Früchte färbte die Tomaten violett. Der Gehalt an diesen Pigmenten war etwa so hoch wie der von Brom- und Heidelbeeren.
Um die Wirkung der Inhaltsstoffe zu testen, führten die Forscher Fütterungsversuche mit Mäusen durch, die aufgrund eines Gendefekts extrem krebsanfällig waren. Den Tieren fehlte das Gen für das Protein p53, dem "Wächter des Genoms". Diese Tiere können Krebszellen nicht mehr effektiv bekämpfen. Sie entwickeln verschiedene Tumore und sterben bei normaler Fütterung nach rund 142 Tagen. Wurde der Nahrung zehn Prozent gefriergetrocknetes Pulver aus violetten Tomaten zugesetzt, stieg die Lebenserwartung auf 182 Tage an. Genetisch nicht veränderte rote Tomaten hatten keinen lebensverlängernden Effekt. Allerdings kennen die Forscher den Wirkmechanismus noch nicht. Es sei unwahrscheinlich, dass sich alles allein auf die Antioxidantien zurückführen lasse, sagt Marco Giorgio, ein Mitglied des Forschungsteams. Als nächstes soll die Wirkung der Extrakte auf verschiedene Tumorarten genauer untersucht und geprüft werden, ob schädliche Nebenwirkungen auftreten. Versuche mit Menschen seien noch lange nicht geplant.
Schwarze Johannisbeeren, Blau-, Brom- und Himbeeren sowie Cranberries enthalten besonders viele Anthocyane. Diese Inhaltsstoffe wirken entzündungshemmend und haben einen Schutzeffekt gegen Krebs, Gefäßkrankheiten, Fettleibigkeit und Diabetes. Tomaten besitzen zwar einen natürlichen hohen Gehalt an Lycopin, einem fettlöslichen Antioxidans, enthalten aber nur wenig wasserlösliche Antioxidantien, zu denen die Anthocyane gehören.