Urintest auf Nierenkrebs

Stark erhöhte Konzentration zweier Proteine weist zuverlässig auf ein Nierenzellkarzinom hin – auch schon im Frühstadium der Krankheit
Ein Nierenzellkarzinom (rechts) bleibt lange Zeit unbemerkt.
Ein Nierenzellkarzinom (rechts) bleibt lange Zeit unbemerkt.
© Shutterstock, Bild 77325913
St. Louis (USA) - Nierenkrebs wird meist erst dann erkannt, wenn es für eine Heilung schon zu spät ist. Jetzt haben amerikanische Mediziner erfolgreich ein einfaches Verfahren zur Früherkennung getestet, das sich für Routineuntersuchungen eignen könnte. In ihrer Studie konnten sie Patienten mit einem Nierenzellkarzinom am stark erhöhten Gehalt zweier Proteine im Urin eindeutig identifizieren. Andere Krebs- oder Nierenerkrankungen beeinträchtigten die Zuverlässigkeit der Resultate nicht, berichten die Forscher im Fachblatt „JAMA Oncology”. Der Urintest wäre möglicherweise auch hilfreich, um Befunde einer Computer- oder Kernspintomographie abzuklären.

„Zurzeit ist eine zuverlässige Diagnose von Nierenkrebs nur möglich, nachdem das Organ chirurgisch entnommen wurde. Doch leider sind 10 bis 15 Prozent der entfernten Nieren ohne Krebsbefund“, sagt Evan Kharasch von der Washington University in St. Louis, der Leiter des Forscherteams. Heutzutage würde diese Krebsform in den meisten Fällen eher zufällig durch Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (MRT) entdeckt, die aus ganz anderen Gründen durchgeführt wurden. Aus den Aufnahmen beider Verfahren geht aber nicht klar hervor, ob es sich bei einer verdächtigen Struktur um ein Karzinom oder eine gutartige Veränderung handelt. Diese Unterscheidung soll nun eine Urinanalyse ermöglichen, bei der die Konzentrationen zweier Proteine – Aquaporin-1 und Perilipin-2 – gemessen werden, welche Nierenkrebszellen verstärkt freisetzen.

Die Forscher untersuchten Urinproben von 19 Patienten mit nachgewiesenem Nierenzellkarzinom, 80 gesunden Menschen und 720 Patienten, bei denen aus verschiedenen Gründen eine CT des Unterleibs angeordnet worden war. Bei den Krebspatienten war der Aquaporinwert im Schnitt 200-mal so hoch wie bei den gesunden Probanden; der Messwert für Perilipin lag etwa 12-fach höher. Aus der Gruppe der 720 durch CT untersuchten Menschen hatten drei erhöhte Proteinwerte im Urin. Bei allen dreien ergab die CT-Aufnahme Hinweise auf einen Tumor. In zwei dieser Fälle bestätigte sich der Krebsverdacht, die dritte Person verstarb vor einer abschließenden Diagnose. „Auch ein einzelnes der beiden Proteine genügte, um Patienten mit Nierenkrebs zu identifizieren, aber beide zusammen machten den Nachweis empfindlicher und spezifischer”, sagt Erstautor Jeremiah Morrissey. Auch mehrere Patienten, die an anderen Krebsarten oder anderen Nierenkrankheiten erkrankt waren, lieferten keine falsch positiven Befunde durch erhöhte Proteinwerte.

Nun sollen zunächst größere Studien zeigen, ob sich die hohe Zuverlässigkeit des Urintests bestätigt. Denn bevor das Verfahren für ein Krebs-Screening eingesetzt werden könnte, muss vor allem die Möglichkeit falsch positiver Befunde weitestgehend ausgeschlossen sein. Bei einer Erkrankungsrate von jährlich nur 20 bis 25 neuen Fällen pro 100.000 Menschen sei es jedoch fraglich, ob Vorsorgeuntersuchungen für die breite Bevölkerung überhaupt sinnvoll wären, schreiben Brian Rini und Steven Campbell vom Lerner College of Medicine in Cleveland in einem begleitenden Kommentar. Vielleicht sollte der Test auf Menschen mit erhöhtem Nierenkrebsrisiko wie Raucher und erblich vorbelastete Personen beschränkt bleiben. Von größerer klinischer Bedeutung wäre nach Meinung der Autoren eher ein Einsatz des Urintests bei Nierenpatienten mit unklarem CT-Befund.

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