Urbane Hitzeinseln: Wie sich der Boden unter den Städten aufheizt

Wärme bildet ein großes Energiereservoir, das zum Heizen im Winter genutzt werden könnte – Allein in Karlsruhe reicht die Wärme für 18.000 Haushalte
Wärme im Boden unter Karlsruhe im Jahr 2011: Dunklere Farben zeigen höhere Wärmeflussdichten an
Wärme im Boden unter Karlsruhe im Jahr 2011: Dunklere Farben zeigen höhere Wärmeflussdichten an
© KIT
Karlsruhe - In Städten ist es immer wenige Grad wärmer als im dünner besiedelten Umland. Der Grund dafür liegt in der Abwärme von Siedlungen, Verkehr und Industrie. Zudem verhindern versiegelte Flächen und fehlende Grünflächen eine effiziente Kühlung. Deutsche und schweizerische Wissenschaftler haben den Wärmefluss im Untergrund von Karlsruhe nun genauer analysiert. Allein von 1977 bis 2011 nahm die Dichte dieses Wärmestroms um etwa zehn Prozent zu, berichten sie im Fachblatt „Environmental Science and Technology“. Dieses Wissen legt nun nahe, die innerstädtische Wärme im Untergrund zu nutzen und den Bedarf an herkömmlichen Heizquellen wie Gas oder Fernwärme aus Heizkraftwerken zu senken.

Im Boden unter Karlsruhe nahm die durchschnittliche Wärmestromdichte in oberflächennahen Grundwasserschichten von 759 Milliwatt pro Quadratmeter im Jahr 1977 auf 828 Milliwatt 34 Jahre später zu. „Diese Wärmemenge entspricht einem Petajoule pro Jahr, somit könnte man mindestens 18.000 Haushalte in Karlsruhe nachhaltig mit Wärme versorgen“, sagt Philipp Blum vom Institut für Angewandte Geowissenschaften am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Zusammen mit Kollegen von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETHZ) modellierte Blum, woher die zusätzliche Wärme stammt und welche Schichten im Untergrund bevorzugt aufgeheizt wurden.

In ihrem Wärmestrom-Modell berücksichtigten die Forscher zahlreiche Faktoren im Stadtgebiet von Karlsruhe vom Anstieg der Oberflächentemperaturen versiegelter Flächen über die Wärmeabgabe von Gebäuden bis hin zu Abwasserkanälen und unterirdischen Fernwärmenetzen. Verantwortlich für das Aufheizen von Grundwasserschichten nahe der Oberfläche waren dabei vor allem die erhöhten Temperaturen der städtischen Böden und die Wärmeabgabe von Gebäuden. Und es ist unwahrscheinlich, dass der Trend zu immer höheren Temperaturen im Grundwasser in Zukunft nachlassen könnte.

Jede Stadt bildet je nach Struktur eine mehr oder weniger ausgeprägte urbane Hitzeinsel aus. Das führt etwa zu vorgezogenen Vegetationsphasen im Vergleich zum weniger dicht besiedelten Umland und einer höheren Gefahr für städtische Hitzewellen in heißen Sommern. Doch die Wärme im Erdreich und Grundwasser ließe sich mit Wärmepumpen auch nachhaltig nutzen. Tausende Häuser könnten so in jeder Stadt mit der Energie im nicht allzu tiefen Untergrund im Winter beheizt und über ein geeignetes Verfahren im Sommer sogar gekühlt werden. Würde dieses Potenzial genutzt, ließe sich damit nicht nur ein Teil des wachsenden Energiebedarfs decken, sondern auch die Emission von Treibhausgasen reduzieren, was einer weiteren Erwärmung der Städte entgegenwirken würde.

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