Unerwartete Nebenwirkung: Wie Hirnzellen auf Cholesterin senkende Medikamente reagieren

Eine mögliche Folge einer Langzeitbehandlung mit Statinen könne darin bestehen, dass sich der Vorrat an Vorläuferzellen, aus denen Oligodendrozyten entstehen, schneller erschöpft, erklären Steven Goldman und Fraser Sim und ihre Kollegen von der University of Rochester. Normalerweise entwickeln sich aus den untersuchten Vorläuferzellen zwei Arten von Gliazellen: Oligodendrozyten und Astrozyten, die zusammen mit den Neuronen das Hirngewebe bilden. Eine wichtige Funktion der Oligodendrozyten besteht darin, die isolierende Myelinhülle um die Fortsätze der Neuronen aufzubauen und damit die ungestörte Weiterleitung von Signalen zu ermöglichen. Die Forscher hatten nun festgestellt, dass diese Vorläuferzellen große Mengen eines für die Cholesterinbildung wichtigen Enzyms produzieren. Das gleiche Enzym wird durch Statine blockiert, die eingesetzt werden, um den Cholesterinspiegel im Blut zu senken.
Daher untersuchten die Wissenschaftler an Zellkulturen, wie menschliche Glia-Vorläuferzellen auf die Statine Simvastatin and Pravastatin reagieren. Dabei zeigte sich, dass sich aus diesen Zellen in Gegenwart eines Statins fünfmal mehr Oligodendrozyten entwickelten als ohne den Enzymhemmer. Außerdem verringerte sich das Reservoir der verbleibenden Vorläuferzellen deutlich. Falls dieser Effekt auch im Gehirn von Menschen auftreten würde, könnte das bedeuten, dass die Regenerationsfähigkeit des Hirngewebes nachlässt. Das wiederum würde das Demenzrisiko erhöhen. Noch sei es aber zu früh, um aus den bisherigen Ergebnissen Konsequenzen gegen eine Statintherapie zu ziehen, sagt Goldman. "Diese Vorläuferzellen stehen bereit, um zu reparieren, wenn eine Gehirnregion verletzt ist", sagt Sim. "Wir müssen nun sehr sorgfältig überprüfen, was passiert, wenn die Zahl dieser Zellen vorzeitig abnimmt." Aus den Befunden könnte sich auch eine neue Einsatzmöglichkeit für Statine ergeben. Eine verstärkte Bildung von Oligodendrozyten unter dem Einfluss von Statinen würde dazu beitragen, die bei einer Multiplen Sklerose zerstörten Myelinhüllen wieder zu erneuern.