Überraschende Wirkung: Pflanzenstoff hemmt Blutgerinnung
„Wir konnten zeigen, dass Rutin sowohl die Aggregation der Blutplättchen als auch die Fibrinbildung während der Entstehung eines Blutgerinnsels verhindert“, sagt Robert Flaumenhaft vom Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston. Im Gegensatz zu den bisher eingesetzten Gerinnungshemmern blockiert der neue Wirkstoff bereits die erste Phase der Thrombosebildung. Der Effekt beruht auf einer Hemmung des Enzyms Proteindisulfid-Isomerase (PDI). Dieses wird von Zellen der Blutgefäßwände und von Blutplättchen freigesetzt, wenn sich eine Thrombose entwickelt.
In einem Screening von 4.900 Verbindungen hatten die Forscher nach einer Substanz gesucht, die das Enzym PDI hemmt. Unter den 18 identifizierten Verbindungen waren drei Flavonoide, Inhaltsstoffe, die in Buchweizen, Obst, Gemüse und Tee enthalten sind. Für Rutin war die gemessene Hemmwirkung nicht nur besonders stark, sondern auch hochspezifisch: Sie beschränkte sich auf das ins Blut abgegebene Enzym, das für die Gerinnung von Bedeutung ist. Die Enzymaktivität im Inneren von Zellen – die andere, wichtige Funktionen hat – wurde nicht beeinträchtigt. Das erklärt auch die für Rutin-haltige Nahrungsergänzungsmittel bereits geprüfte gute Verträglichkeit.
Die Forscher testeten schließlich die Thrombose vorbeugende Wirkung erfolgreich an Mäusen, die ein Rutinpräparat mit der Nahrung aufnahmen. Auch nach der Darmpassage behielt die Substanz ihre Wirkung. Klinische Studien sollen nun prüfen, ob das Flavonoid als Ausgangspunkt für die Entwicklung einer neuen Klasse von Gerinnungshemmern dienen kann. Solche Mittel dienen der Therapie und Vorbeugung von Schlaganfall, Herzinfarkt, Venenthrombose und Lungenembolie. Ein sicheres und preiswertes Medikament, das die Bildung gefährlicher Blutgerinnsel verhindert, könne laut Flaumenhaft helfen, Tausende von Leben zu retten.