Therapeutische Krebsimpfung: Kurzlebige Impfstoffe sind wirksamer

Die bisher als vorteilhaft angesehenen langlebigen Impfstoffdepots halten Immunzellen davon ab, Tumoren zu zerstören
Houston (USA) - Ziel einer therapeutischen Krebsimpfung ist es, die Immunabwehr des Patienten anzuregen, den Tumor zu bekämpfen. Neben ausgewählten Bestandteilen von Krebszellen enthält ein solcher Impfstoff ein sogenanntes Adjuvans, das diesen Effekt verstärken soll. Doch jetzt zeigen Tierversuche amerikanischer Forscher, dass ein häufig eingesetztes Adjuvans genau die gegenteilige Wirkung hat. Die Wasser-in-Öl-Emulsion sorgt zwar für die verstärkte Produktion der gewünschten Immunzellen. Sie bewirkt aber auch, dass sich die Immunzellen an der Injektionsstelle ansammeln und absterben, anstatt die Tumoren anzugreifen. Wurde das Adjuvans dagegen durch eine Kochsalzlösung mit Zusätzen ersetzt, drangen die Immunzellen bevorzugt in die Tumoren ein und ließen sie schrumpfen, berichten die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature Medicine“.

„Seit Jahren haben wir und andere Forscher vergebens versucht, die Wirksamkeit von Krebsimpfstoffen zu verbessern“, sagt Willem Overwijk vom Krebszentrum der University of Texas in Houston. Das Prinzip dieser Immuntherapie besteht darin, typische Bestandteile von Krebszellen zu injizieren und damit die Produktion spezieller T-Zellen auszulösen, die Tumorzellen mit diesen Strukturen erkennen und zerstören. Für ihre Experimente wählten die Forscher Mäuse mit tödlichen Hauttumoren, den Melanomen. Der Impfstoff enthielt Teile eines Proteins der Tumorzelle und das „inkomplette Freund-Adjuvans“ – eine Emulsion von Wasser in Mineralöl. Der Zusatz bewirkte, dass der Impfstoff bis zu drei Monate im Bereich der Injektionsstelle verblieb, ohne abgebaut zu werden.

„Die Impfung stimulierte zwar die Produktion von T-Zellen, die gegen den Krebs gerichtet sind“, sagt Overwijk, „aber nur wenige davon gelangten zum Tumor, die meisten blieben an der Einstichstelle oder kehrten wieder dorthin zurück.“ Das konnten die Forscher durch fluoreszenzmarkierte T-Zellen direkt sichtbar machen. Die Anziehungskraft des Impfstoffdepots war für die T-Zellen offenbar viel größer als die des Tumors. Die Immunzellen setzten an der Einstichstelle große Mengen an Botenstoffen frei, wodurch sie weitere T-Zellen anlockten, das gesunde Gewebe schädigten und sich selbst abtöteten. Das erklärt die geringe Erfolgsquote der meisten therapeutischen Krebsimpfungen.

Schließlich ersetzten die Wissenschaftler das Adjuvans durch eine Kochsalzlösung mit immunologischen Wirkstoffen. Wie ein direkter Vergleich zeigte, drangen deutlich mehr der damit erzeugten T-Zellen in den Tumor ein und nur wenige blieben im Bereich der Injektionsstelle. „Der Zusatz des Freund-Adjuvans’ war ein Konstruktionsfehler des Impfstoffs, den wir erst jetzt erkannt haben“, sagt Overwijk. Nun sei es nötig, eine neue Klasse von Impfstoffen zu entwickeln, die biologisch schnell abbaubare Adjuvantien enthalten. Noch in diesem Jahr wollen die Forscher ihr neues Konzept in einer klinischen Studie prüfen.

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