Theoretischer Weltrekord: Deutlich härter als Diamant
"Wir enthüllen hier den Verformungsmechanismus in zwei Stufen, der dafür verantwortlich ist, dass Wurtzit-Boronid eine überraschende Härte zeigt", schreibt das Team um Zicheng Pan und Hong Sun im Fachblatt "Physical Review Letters". "Außerdem zeigen wir, dass der selbe Mechanismus auch in Lonsdaleit funktioniert und für einen neuen Rekord sorgt", so die Forscher der Shanghai Jiao Tong University und Kollegen der University of Nevada. Diamant bekommt seine Härte durch eine starke Gitterstruktur seiner Kohlenstoffatome, die in Oktaeder-Form angeordnet sind. Lonsdaleit wird wegen seiner natürlichen Härte und Kristallstruktur auch "hexagonaler Diamant" genannt, ebenso kristallisiert Wurtzit, eine Verbindung aus Zink und Schwefel, in hexagonaler Struktur. Unter hohem Druck, so die Berechnungen, kommt es zu einem Phasenübergang, bei dem chemische Bindungen umklappen, das Volumen aber unverändert bleibt. Die neue Kristallstruktur sorgt für die unerwartete Härte.
In der Natur kommen die beiden Materialien nur in extrem geringen Mengen vor, die für eine Überprüfung der Theorie nicht ausreichen, geschweige denn für einen industriellen Einsatz als Diamantenersatz. Wurtzit-Boronid entsteht unter den extremen Drucken und Temperaturen von Vulkanausbrüchen, Lonsdaleit findet sich nach Meteoriteneinschlägen, etwa im sibirischen Tunguska-Krater oder im süddeutschen Ries-Krater. Allerdings hoffen die Forscher, durch neue Produktionsmethoden - auch im Nanobereich - in nicht allzu ferner Zeit ernstzunehmende Mengen der Minerale herzustellen und ihre Berechnungen testen zu können.
DOI: 10.1103/PhysRevLett.102.055503