Statt Antibiotika: Neue Therapieform stärkt Abwehrkraft
„Wir haben eine künstliche Form von Properdin hergestellt, die eine wesentlich höhere Aktivität hat, als die im Blut vorliegende natürliche Form“, erklären die Forscher um Wilhelm Schwaeble von der University of Leicester. Das Serumprotein Properdin spielt eine wichtige Rolle bei der Aktivierung des sogenannten Komplementsystems. Dieses besteht beim Menschen aus mehr als 30 Proteinen, die sich bei einer Infektion in einer Kettenreaktion aktivieren und zum Teil an die Eindringlinge anlagern. Das ermöglicht dann deren Eliminierung durch Phagozyten, die Fresszellen des Immunsystems. Ziel der Wissenschaftler war es zu prüfen, ob sich diese Abwehrreaktion durch eine Behandlung mit Properdin verstärken lässt.
Dazu stellten sie das Protein mit Kulturen gentechnisch veränderter Zellen im Labor her. Aber das so erzeugte Produkt unterschied sich von seiner natürlichen Form und zwar dadurch, dass mehrere einzelne Proteinmoleküle aneinandergekettet waren. Dieses polymere Properdin zeigte erstaunlicherweise sogar eine noch größere biologische Wirkung als das Original. Das ergaben Experimente mit Mäusen, die die Forscher mit einer normalerweise tödlichen Dosis von Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae) oder Meningokokken (Neisseria meningitidis) infiziert hatten. Erhielten die Tiere wenige Stunden vor oder nach der Infektion eine einzelne Properdin-Injektion, sank die Bakterienzahl im Blut und die Überlebensrate stieg auf bis zu 90 Prozent. Obwohl durch das Abtöten der Bakterien große Mengen an toxischen Zellbestandteilen der Mikroben freigesetzt wurden, waren keine Anzeichen von septischem Schock erkennbar. Warum diese mögliche Nebenwirkung ausblieb, ist noch nicht endgültig geklärt.
Die neue Form der Immuntherapie gegen eine bakterielle Infektion wäre auch dann noch wirksam, wenn resistente Keime durch Antibiotika nicht mehr beseitigt werden könnten. Die Forscher untersuchen nun, ob Properdin auch bei Infektionen durch andere Erreger therapeutisch einsetzbar ist.