Sprunghafte Schabe

Das mit den Küchenschaben verwandte Insekt nutzt beim Springen eine ganz ähnliche Technik wie Heuschrecken
Springt wie eine Heuschrecke: Die Schabe Saltoblattella montistabularis (Männchen)
Springt wie eine Heuschrecke: Die Schabe Saltoblattella montistabularis (Männchen)
© Mike Picker
Kapstadt (Südafrika) - Eine neu entdeckte Schabenart hat eine für ihresgleichen höchst ungewöhnliche Eigenschaft: Das Insekt bewegt sich hauptsächlich durch Sprünge fort. Biologen aus Südafrika und Großbritannien haben diese Fähigkeit nun genauer untersucht und die Springleistung exakt gemessen. Beim Sprung sind die Tiere der 23-fachen Erdbeschleunigung ausgesetzt und erreichen Weiten bis zum 48-fachen ihrer Körperlänge. Mit dieser Form der Fortbewegung haben sich die Schaben an das Leben im Buschland angepasst, schreiben die Forscher im Fachblatt "Biology Letters". Indem sie von einem Grashalm zum nächsten springen, können sich die Insekten schneller fortbewegen, als wenn sie - wie alle ihre Verwandten - nur auf das Krabbeln angewiesen wären.

"Die Sprungmechanismen und die anatomischen Merkmale stimmen in auffallender Weise mit denen von Feldheuschrecken überein, die ihren Lebensraum teilen", erklären Mike Picker von der University of Cape Town und seine Kollegen. Die weniger als einen Zentimeter große, flügellose Schabe Saltoblattella montistabularis lebt in der Region des Tafelbergs bei Kapstadt. Im Gegensatz zu sämtlichen etwa 4.000 anderen bekannten Arten dieser Insektengruppe ist ihr hinteres Beinpaar stark vergrößert: Die Sprungbeine sind doppelt so lang wie die anderen und damit 50 Prozent länger als der ganze Körper. Beobachtungen in natürlicher Umgebung zeigten, dass die Art ihrer Fortbewegung zu 71 Prozent aus großen Sprüngen oder kleinen Hopsern besteht. Im Labor wurden maximale Sprungweiten von 35 Zentimetern gemessen, die Höhe erreichte knapp 19 Zentimeter. Bezogen auf die jeweilige Körperlänge, springt die Schabe damit weiter als Heuschrecken. Sie wird aber von der Schaumzikade deutlich geschlagen.

Aus Filmaufnahmen mit Hochgeschwindigkeitskameras errechneten die Biologen eine Fluggeschwindigkeit von bis zu 2,1 Metern pro Sekunde beim Abheben und eine durchschnittliche Beschleunigung von 23 g. Aus weiteren Untersuchungen schließen sie, dass diese Sprungleistung nicht durch direkte Muskelarbeit erreicht werden kann. Vielmehr wird die dazu benötigte Energie kurz vor dem Sprung durch Anspannen der Beinmuskeln gespeichert und dann katapultartig freigesetzt. Über einen ähnlichen Sprungmechanismus verfügen Flöhe und Feldheuschrecken, während Grillen den Sprung direkt durch Zusammenziehen der Muskeln ihrer extrem langen Hinterbeine auslösen.

Bei einigen Insekten haben sich weite Sprünge als Fluchtverhalten entwickelt, um Räubern zu entkommen. Im Fall der südafrikanischen Schabe vermuten die Forscher, dass eher der Vorteil einer schnelleren Fortbewegung im Buschland die Evolution dieser Fähigkeit angetrieben hat. Unseren einheimischen Küchenschaben würden große Sprünge sicherlich weniger nützen als das blitzschnelle Weghuschen und Verstecken in einer Ritze.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "A cockroach that jumps", Mike Picker et al.; Biology Letters, doi: 10.1098/rsbl.2011.1022


 

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