Sprachenlernen im Ausland prägt das Hirn wie Muttersprache

Längere Pause beim Lernprozess kann den Effekt noch verstärken
Sprachen lernen ohne die Schulbank zu drücken hat Vorteile
Sprachen lernen ohne die Schulbank zu drücken hat Vorteile
© Jose Jimenez
Chicago (USA) - Wer als Erwachsener eine neue Sprache in ihrer natürlichen Umgebung lernt, hat gute Chancen, dass sein Gehirn die Sprache ähnlich wie die eigene Muttersprache verarbeitet. Diese Vermutung hatte es bereits seit einiger Zeit gegeben, doch nun konnten US-Forscher diesen Effekt erstmals anhand der Hirnaktivität zeigen. Außerdem ist eine Pause von der neuen Sprache beim Lernen sogar hilfreich, weil es das Sprachwissen stabilisiert, berichten die Forscher im Fachblatt „PLoS ONE“.

„In den vergangenen Jahren hat es in der Forschung Hinweise darauf gegeben, dass Erwachsene, die eine neue Sprache lernen, sich mitunter auch auf die gleichen Gehirnmechanismen verlassen können wie Muttersprachler, selbst für schwierige Elemente wie die Grammatik“, sagt Michael T. Ullman von der Georgetown University. „Das haben wir in unseren Studien bestätigt.“ Ullman und seine Kollegen hatten Versuchspersonen eine frei erfundene Sprache gelehrt: einmal in einem Lern-Setting mit Übungen zu Wortschatz und Grammatik und einmal in einer Umgebung, in der sich die Probanden ohne jegliche Erklärung selbst schnell verständigen mussten – ähnlich dem natürlichen Lernen einer Sprache. Nach einigen Tagen konnten alle Teilnehmer die Sprache gut sprechen, aber es zeigten sich Unterschiede in den Verarbeitungsprozessen im Gehirn. Nur das Training unter natürlichen Bedingungen führte zur Verarbeitung der Grammatik, die jener der Muttersprache ähnelte.

Nach fünf Monaten untersuchten die Forscher die Probanden erneut, um herauszufinden, wie eine Pause sich auf die Verarbeitungsprozesse auswirkt. Da es sich um eine künstliche Sprache handelte, konnten die Teilnehmer sie unmöglich in ihrer natürlichen Umgebung üben. Das Ergebnis: Die Verarbeitungsprozesse der Grammatik ähnelten nun bei allen Teilnehmern noch mehr als zuvor der eigenen Muttersprache. Allerdings waren noch immer waren diejenigen, die die Sprache in natürlicher Umgebung gelernt hatten, klar im Vorteil. Die Wissenschaftler vermuten, dass die Pause das Sprachwissen stabilisierte – ähnlich wie beim Fahrrad fahren Lernen oder beim Spielen eines Instruments. Denn die Teilnehmer hatten sich im Können weder verbessert noch verschlechtert. Nur die Prozesse im Gehirn hatten sich messbar verändert.

Die Neurowissenschaftler nutzten die EEG-Methode, um den Effekt zu zeigen. Dabei wird die elektrophysiologische Gehirnaktivität in Echtzeit über die Kopfhaut gemessen. Da bekannt ist, wie das Verarbeitungsmuster für die eigene Muttersprache aussieht, kann das Muster der neu erlernten Sprache direkt damit verglichen werden. Je ähnlicher die Muster ausfallen, desto ähnlicher sind auch die zugrunde liegenden Prozesse im Gehirn.

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Quelle: "Second Language Processing Shows Increased Native-Like Neural Responses after Months of No Exposure", Kara Morgan-Short et al.; PLoS ONE, DOI: 10.1371/journal.pone.0032974


 

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