Schwelende Kohlehalden liefern Heizwärme

Im Ruhrgebiet brennen Abraumberge seit vielen Jahrzehnten - Energie verpufft bisher ungenutzt
Schwelende Kohlehalde im Ruhrgebiet
Schwelende Kohlehalde im Ruhrgebiet
© Geotechnik im Bauwesen, RWTH Aachen
Aachen - Steinkohle aus deutschen Bergwerken sicherte über Jahrzehnte die Energieversorgung in Deutschland. Nach zahlreichen Zechenschließungen erheben sich große Abraumhalden im Ruhrgebiet oder im Saarland. In vielen dieser tafelförmigen Hügel schwelen – von außen kaum erkennbar – seit Jahrzehnten Haldenbrände: Eine bisher ungenutzte Energiequelle, die nun Wissenschaftler von der Rheinisch Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen (RWTH) angezapft haben.

Sylvia Kürten und ihre Kollegen von Institut für Geotechnik bohrten dazu vergangenes Jahr eine seit 1943 brennende Kohlehalde in Sichtweite des Rheins an. Wo genau die Halde steht, will aber weder der Inhaber noch Forscherin Hürten verraten, um keine unnötigen Ängste vor den schwelenden Feuern zu schüren. In dem Abraumberg stießen sie bereits ab 25 Meter auf Temperaturen zwischen 60 und 430 Grad. „Der Anteil an Restkohle beträgt in dieser Halde etwa zehn Prozent“, erläutert Kürten den Umfang des Energiereservoirs, das den Schwelbrand speist. Um diese Wärme zu nutzen, verlegten sie Rohre in die Halde. Insgesamt drei solcher Sonden liefern über einen geschlossenen Wasserkreislauf etwa acht Kilowatt Wärmeleistung; das reicht für ein Einfamilienhaus aus.

So können Kohlehalden – allein im Ruhrgebiet schwelen derzeit mindestens sieben – zumindest dezentral zum Heizen von Gebäuden genutzt werden. Für Fernwärme oder gar zur Stromerzeugung sind die Schwelbrände leider kaum geeignet. „Dafür ist die Wärmeleitfähigkeit in der Halde zu schlecht“, sagt Kürten. Aus diesem Grund kann kaltes Wasser in einem geschlossenen System nicht schnell und zuverlässig genug auf die benötigten Temperaturen von bis zu 120 Grad aufgeheizt werden.

Trotzdem könnte dieses weltweit bisher einzigartige Pilotprojekt „Haldengeothermie“, das vom Bundesforschungsministerium mit rund einer halben Million Euro unterstützt wird, rasch Nachahmer finden. Denn die Zahl der versteckten Schwelbrände – sowohl in Kohlehalden als auch in Mülldeponien – gehen rund um den Globus in die Tausende. Ohne tiefe Bohrungen und Wärmepumpe ist der technische Aufwand einer Haldenheizung sogar geringer als für geothermische Erdsonden mit vergleichbarer Leistung. Der Betreiber der Halde, auf dem die Pilotanlage steht, will das System auf jeden Fall zum Heizen einzelner Bürogebäude auf dem Gelände nutzen. Furcht vor kalten Wintern müssen die Angestellten nicht mehr haben. „Denn diese Halde wird wahrscheinlich noch Jahrzehnte weiter brennen“, sagt Sylvia Kürten.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: RWTH Aachen


 

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