Schlaue Echsen
"Zusammenfassend liefern unsere Ergebnisse Beweise dafür, dass die kognitiven Fähigleiten von Anolis evermanni vergleichbar sind mit denen mancher warmblütigen Arten, die für ihre Flexibilität im Verhalten bekannt sind", schreiben Manuel Leal und Brian J. Powell von der Duke University. In Puerto Rico hatten die beiden Biologen drei weibliche und drei männliche Exemplare der kleinen Echsen gesammelt und in ihr Labor gebracht. In verschiedenen Verhaltensexperimenten testeten sie die kognitive Leistungsfähigkeit der Tiere. So stellten sie sie etwa vor die Aufgabe, an einen Leckerbissen in einer Vertiefung zu kommen, die mit einem kleinen Plastikplättchen abgedeckt war. Vier der kleinen Echsen, zwei Weibchen und zwei Männchen, konnten das Problem rasch lösen - auf unterschiedliche Weise: Entweder sie bissen in den Deckel, um ihn zu lösen, oder sie stupsten ihn weg. "Sie steckten ihre Schnauze unter den kleinen Plastikchip und stießen ihn dann schnell an", erzählt Leal. Sie erlernten ein Verhalten, das sie so in der Wildnis nie gebraucht hätten.
Als die Biologen eine zweite Kuhle ohne Leckerbissen mit einem andersfarbigen Plättchen abdeckten, wählten die Echsen zielsicher die richtige, die mit dem ihnen bereits bekannten Plastikchip verdeckt war. Selbst wenn die Farbsignale vertauscht wurden, lernten immerhin noch zwei der Tiere, nach ein paar Fehlversuchen umzudenken und entschieden sich nun für die Kuhle mit dem andersfarbigen Chip. Dass die Tiere schlicht ihren Geruchssinn einsetzen konnten, verhinderten die Forscher, indem sie beide Kuhlen, auch die leere, mit dem Duft der verlockenden Beute versahen. In weiteren Studien wollen Die Biologen auch das Leistungsvermögen anderer Echsenarten untersuchen und das jeweilige Körper- und Hirngröße miteinander vergleichen. Allgemein gilt, dass Tiere, die ein im Verhältnis zum Körper größeres Gehirn haben, zumeist höhere Denkleistungen und Flexibilität zeigen.