Schlaf wirkt als Antioxidans

Bei Taufliegen verringert eine verlängerte Schlafdauer den oxidativen Stress – eine möglicherweise generelle Funktion des Schlafs
Auch Fliegen brauchen Schlaf.
Auch Fliegen brauchen Schlaf.
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New York (USA) - Der Mensch und fast alle Tiere verbringen einen großen Teil ihres Lebens im Schlafzustand. Daher muss sich im Lauf der Evolution ein Wechsel zwischen Schlaf- und Wachphasen als äußerst vorteilhaft erwiesen haben. Jetzt bestätigen amerikanische Forscher durch Untersuchungen von Mutanten der Taufliege Drosophila eine ältere Theorie. Demnach besteht eine wichtige Funktion des Schlafes in seiner Wirkung als Antioxidans. Die im normalen Stoffwechsel erzeugten sogenannten reaktiven Sauerstoffverbindungen müssen inaktiviert werden, um Zellschäden durch oxidativen Stress zu verhindern. Das geschieht durch bestimmte Enzyme und mit Hilfe von Antioxidantien aus Nahrungsmitteln. Taufliegen, die aufgrund unterschiedlicher Mutationen verkürzte Schlafphasen hatten, waren anfälliger für Schäden durch reaktive Sauerstoffverbindungen. Offenbar besteht eine wechselseitige Beziehung: Ausreichender Schlaf verringert den oxidativen Stress, während die Zunahme von oxidativem Stress im Gehirn normalerweise das Schlafbedürfnis verstärkt, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „PLoS Biology“. Ihre Ergebnisse könnten auch für die Behandlung von Schlafstörungen und anderen Erkrankungen des Menschen von Bedeutung sein.

„In den USA schläft ein Drittel der Erwachsenen weniger als die empfohlenen sieben Stunden“, schreiben die Forscher um Mimi Shirasu-Hiza von der Columbia University in New York. Ausreichender Schlaf fördert nicht nur die Lern- und Gedächtnisleistung, sondern kommt auch auf noch unbekannte Weise der körperlichen und geistigen Gesundheit zugute. So bestehe ein Zusammenhang zwischen chronischem Schlafmangel und mehreren Krankheiten, bei denen oxidativer Stress eine Rolle spielt. Zum Beispiel bei der Alzheimer-Demenz und anderen neurodegenerativen Erkrankungen seien Schäden im Gehirn erkennbar, die durch reaktive Sauerstoffverbindungen verursacht wurden.

In ihren Experimenten mit Drosophila-Fliegen fanden die Wissenschaftler einen engen Zusammenhang zwischen oxidativem Stress und täglicher Schlafdauer. Tiere mit unterschiedlichen Mutationen, die jeweils einen verkürzten Schlaf zur Folge hatten, zeigten eine Gemeinsamkeit: Im Vergleich zu normalen Fliegen erwiesen sie sich als weniger widerstandsfähig gegen verabreichte reaktive Sauerstoffverbindungen wie zum Beispiel Wasserstoffperoxid. Der Gehalt an solchen aggressiven Verbindungen im Gehirn war bei diesen Mutanten generell höher als bei normalen Fliegen. Es wäre möglich, dass im Normalfall das Ausmaß an oxidativem Stress im Gehirn an der Kontrolle des Schlafs beteiligt ist, indem eine starke Zunahme Gene in Hirnzellen aktiviert, die den Schlaf verlängern. Tatsächlich führten genetische Veränderungen, die den Gehalt an reaktiven Sauerstoffverbindungen im Gehirn normaler Fliegen verringerten, zu einem kürzeren Schlaf. Umgekehrt bewirkte eine gentechnisch oder pharmakologisch herbeigeführte längere Schlafdauer eine erhöhte Widerstandskraft gegen oxidativen Stress.

Diese Ergebnisse weisen also nicht nur eine wichtige Funktion des Schlafes nach, sondern erklären auch, durch welchen Mechanismus die Schlafdauer reguliert werden könnte – unabhängig von der Steuerung durch die circadiane innere Uhr. Die Forscher vermuten, dass chronischer Schlafmangel auch beim Menschen den Spiegel an reaktiven Sauerstoffverbindungen im Gehirn und im übrigen Körper erhöhen könnte. Das würde die Entstehung von neurodegenerativen Erkrankungen, Herz- und Gefäßkrankheiten, Entzündungen und psychischen Störungen begünstigen.

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