Schimpansen denken nicht nur an sich selbst

Neue Verhaltensexperimente zeigen, dass sich Altruismus nicht erst beim Menschen entwickelt hat
Schimpanse
Schimpanse
© Emiichann / Wikimedia Commons
Atlanta (USA) - Auch Schimpansen handeln uneigennützig, zum Wohl eines anderen. Das bestätigen jetzt die Ergebnisse von Laborexperimenten US-amerikanischer Biologen. Sie stellten Affen vor die Wahl, durch eine von zwei Handlungsmöglichkeiten entweder nur sich selbst oder auch einem anderen eine Belohnung in Form von Nahrung zu verschaffen. In der überwiegenden Mehrzahl der Versuche verhielten sich die Schimpansen prosozial, also so, dass auch der andere davon profitierte. Dabei spielte es keine Rolle, ob die Affen verwandt oder befreundet waren oder nicht, berichten die Forscher im Fachjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)". Selbstloses Handeln ist also kein Merkmal, das nur dem Menschen eigen ist.

"Wir konnten die prosoziale Natur der Schimpansen bestätigen, indem wir eine den Tieren besser angepasste Versuchsanordnung einsetzten", sagt Frans de Waal vom Yerkes National Primate Research Center der Emory University in Atlanta. Einzelne Beobachtungen von Schimpansen in Freiheit und in Gefangenschaft hatten bereits gezeigt, dass es spontanes selbstloses Verhalten bei diesen Primaten gibt. Unter kontrollierten Laborbedingungen ließ sich diese Eigenschaft aber bisher nicht eindeutig nachweisen. Das Forscherteam von de Waal beobachtete sieben weibliche Schimpansen - "Akteurinnen" genannt - in Testreihen mit jeweils drei verschiedenen "Partnern". Jede Akteurin hatte die Aufgabe, einen von 30 Gegenständen aus einem Behälter auszuwählen und dem Experimentator zu überreichen. Je nachdem welche von zwei Farben der gewählte Gegenstand hatte, erhielt entweder nur sie selbst oder aber auch ihr Partner zur Belohnung einen Leckerbissen. Der Partner-Affe saß in einem benachbarten Käfig und konnte alles beobachten, wobei beide Tiere - teils mehr, teils weniger intensiv - miteinander kommunizierten.

Alle Akteurinnen entschieden sich meist so, dass auch ihr Partner eine Belohnung erhielt. Wenn der Partner lautstark oder gar aggressiv die Entscheidung der Akteurin zu seinen Gunsten beeinflussen wollte, hatte das eher den gegenteiligen Effekt. Geduldig wartende Partner, die nur gelegentlich auf sich aufmerksam machten, wurden häufiger belohnt. Der soziale Rang der Akteurin, sowie eine positive oder negative Beziehung zwischen beiden Affen waren ohne Bedeutung für das prosoziale Verhalten. Dieses Ergebnis widerspricht früheren Vermutungen, wonach scheinbar altruistisches Verhalten entweder nur widerwillig auf äußeren Druck oder nur gegenüber Verwandten praktiziert würde. Die Versuche lieferten keine Hinweise darauf, dass ein Schimpanse, der sich uneigennützig verhält, mit einer späteren Gegenleistung rechnen kann. Diese Möglichkeit wollen die Forscher aber noch in weiteren Experimenten überprüfen.

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Quelle: "Spontaneous prosocial choice by chimpanzees", Victoria Horner et al.; Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), Online-Publikation, http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1111088108


 

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