Rückwärtsgang für Alzheimer gefunden?

Epigenetischer Therapieansatz bessert Gedächtnisprobleme im Tiermodell
Bisher gilt Alzheimer als nicht heilbar.
Bisher gilt Alzheimer als nicht heilbar.
© Creative Commons CC0 Public Domain, Gerd Altmann / Freiburg
Buffalo (USA) - Alzheimer ist eine der häufigsten und schwerwiegendsten Demenzerkrankungen und bisher nicht heilbar. Doch auf lange Sicht könnte es Hoffnung geben: Zumindest bei Mäusen ist es Forschern aus den USA und China gelungen, Gedächtnisprobleme im fortgeschrittenen Stadium von Alzheimer ein Stück weit rückgängig zu machen. Der Schlüssel ist ein epigenetischer Ansatz, über den bestimmte Enzyme im Gehirn gehemmt werden, berichten sie im Fachblatt „Brain“. Damit ließen sich sogenannte Glutamat-Rezeptoren wiederherstellen, deren Verlust zentral zum Gedächtnisverlust beiträgt.

„Unsere Studie machte nicht nur den Zusammenhang zwischen epigenetischen Veränderungen und Alzheimer deutlich“, sagt Zhen Yan von der University at Buffalo. „Wir fanden auch heraus, dass wir die geistige Fehlfunktion korrigieren konnten, indem wir die epigenetischen Enzyme ins Visier nehmen, um die Glutamat-Rezeptoren wiederherzustellen.“ Yan und ihre Kollegen hatten mit Gewebe verstorbener Alzheimerpatienten sowie mit genetisch veränderten Mäusen gearbeitet, die Alzheimer entwickeln. Sie stellten fest: Eine zentrale Rolle bei Alzheimer und dem massiven Nachlassen der geistigen Fähigkeiten, insbesondere im fortgeschrittenen Stadium, scheint der Verlust von Glutamat-Rezeptoren im frontalen Cortex zu spielen.

Daher konzentrierten sich die Forscher darauf, wie sie in diesen Prozess eingreifen konnten und stießen auf einen epigenetisch gesteuerten Mechanismus. Epigenetisch bedeutet, dass nicht Gene selbst verändert werden, sondern lediglich deren Aktivität reguliert wird – meist über die passenden Enzyme. Dabei wird die DNA-Struktur so verändert, dass Gene mehr oder weniger leicht abgelesen werden können und somit an- oder ausgeschaltet werden. Der Verlust der Glutamat-Rezeptoren ist das Ergebnis solcher epigenetischer Prozesse, fanden Yan und Kollegen sowohl bei den menschlichen Gewebeproben als auch im Mausmodell heraus.

„Wir waren ziemlich überrascht, so spektakuläre kognitive Verbesserungen zu sehen“ so Yan. „Als wir den Tieren mit Alzheimer den Enzym-Inhibitor verabreichten, stellten wir anhand verschiedener Gedächtnistests fest, dass sich die Gedächtnisfunktionen wieder erholten.“ Dazu waren drei Injektionen mit Wirkstoffen nötig, die jene Enzyme hemmten, welche für den Verlust der Rezeptoren verantwortlich sind. Daraufhin wurden die Produktion der Glutamat-Rezeptoren und auch die Hirnfunktionen wieder angekurbelt. Der Effekt hielt dann rund eine Woche an.

An der Entwicklung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer ist häufig eine ganze Reihe von Genen beteiligt und jedes einzelne nimmt einen gewissen Einfluss. Daher sind epigenetische Ansätze bei solchen Krankheiten laut Yan besonders vielversprechend, da sie gleich mehrere Gene auf einmal kontrollieren: Ein epigenetischer Ansatz könne ein ganzes Netzwerk an Genen korrigieren, was den normalen Zustand der Zellen und die komplexen Hirnfunktionen wiederherstelle. „Wir haben bewiesen, dass die abnormale epigenetische Regulation der Glutamat-Rezeptor-Expression und -Funktion zum geistigen Verfall bei Alzheimer beiträgt“, fasst Yan zusammen. „Wenn viele dieser fehlregulierten Gene über spezifische epigenetische Enzyme normalisiert werden, wird es möglich sein, die geistige Funktion wiederherzustellen.“ Auch wenn es bis zu einer Therapie am Menschen noch ein weiter Weg ist, scheint der Ansatz von Yan und ihren Kollegen erfolgsversprechend.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „Inhibition of EHMT1/2 Rescues Synaptic and Cognitive Functions for Alzheimer's Disease“, Yan Zheng et al.; Brain (im Druck)


 

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