Rauchen: Einsteiger immer jünger

Trends zum Zigarettenkonsum in Europa über vier Jahrzehnte analysiert
Heutzutage beginnen mehr Jugendliche im Alter zwischen 11 und 15 mit dem Rauchen als früher.
Heutzutage beginnen mehr Jugendliche im Alter zwischen 11 und 15 mit dem Rauchen als früher.
© Jan Oliver Löfken
Verona (Italien) - Immer weniger junge Leute fangen an zu rauchen. Doch diejenigen, die der Zigarette verfallen, sind heute häufiger deutlich jünger als früher: Waren es in den 1970er und 1980er Jahren noch vor allem die 16- bis 20-Jährigen, die mit dem Rauchen anfingen, griffen in den Jahren 2000 bis 2010 bereits erschreckend viele Heranwachsende im Alter von 11 bis 15 Jahren erstmals zur Zigarette. Zu diesem Ergebnis kommt ein Team internationaler Forscher, das Daten aus mehreren europäischen Gesundheitsstudien aus den vergangenen Jahrzehnten ausgewertet hat. Seit 1990 seien die Raten im frühen Jugendalter merklich angestiegen, berichten sie im Fachblatt „PloS ONE”, vor allem in Westeuropa, wo im Jahr 2005 pro Jahr etwa 40 von 1000 jungen Heranwachsenden mit dem Rauchen angefangen haben. Bei Mädchen ist diese Tendenz noch ausgeprägter als bei Jungen.

„Ein inakzeptabel hoher Prozentsatz an Rauchern unter Jugendlichen und ein seit 1990 sinkendes Eintrittsalter legen nahe, dass die meisten europäischen Länder ihre Bemühungen für Antiraucherkampagnen intensivieren sollten, um bereits die Jüngsten zu erreichen”, sagt Erstautor Alessandro Marcon von der Universität Verona. Marcon und seine Kollegen hatten die Daten von sechs großen Studien mit insgesamt 119.104 Teilnehmern aus 17 europäischen Ländern analysiert. Dabei hatten die Freiwilligen unter anderem Fragen zum Rauchen beantwortet, zum Beispiel „Sind Sie Raucher?” oder „Wie alt waren Sie, als Sie mit dem Rauchen angefangen haben?”. Die Forscher werteten sämtliche gesammelte Angaben nach verschiedenen Parametern aus, darunter Altersgruppe (11 bis15 Jahre, 16 bis 20 Jahre und 21 bis 35 Jahre), Geschlecht und Region (Nord-, Ost-, Süd- und Westeuropa). Dabei bestimmten sie, für unterschiedliche Jahre, Geschlechter und Altersgruppen, wie viele von 1000 Befragten innerhalb eines Jahres mit dem Rauchen angefangen hatten.

Vor 1970 fingen junge Männer am häufigsten im Alter von 18 Jahren an zu rauchen, junge Frauen mit 19. In vielen Regionen lag die Rate neuer Raucher zwischen 16 und 20 Jahren in den 1970er Jahren mit mehr als 110 von 1000 Männern und mehr als 100 von 1000 Frauen pro Jahr sehr hoch. Die gute Nachricht: Seitdem ist die Zahl derer, die in dieser Altersgruppe zum Raucher werden, deutlich gesunken. Am niedrigsten war die Rate Ende der 2000er mit nur 20 neuen Rauchern von 1000 Menschen jedes Jahr in Nordeuropa. In anderen Teilen Europas lag sie mit 40 bis 80 von 1000 immer noch relativ hoch. Die schlechte Nachricht: Etwa seit 1990 ist die Rate neuer Raucher unter den 11-bis 15-Jährigen merklich angestiegen – außer bei Jungs in Nordeuropa. Am stärksten war dieser Trend, so früh mit dem Rauchen anzufangen, bei Mädchen in Westeuropa: 2005 fingen gut 40 pro 1000 mit dem Rauchen an.

Im jungen Erwachsenenalter zwischen 21 und 35 fangen übrigens nur noch sehr wenige an zu rauchen. Die Rate liegt in dieser Altersgruppe über Jahrzehnte hinweg relativ stabil bei unter 20 pro 1000 jährlich. Doch insbesondere die Situation der Mädchen in Westeuropa verdiene Aufmerksamkeit, fordern die Autoren. Denn hier erreicht die Rate der 11- bis 15-Jährigen bereits die der 16- bis 20-Jährigen. Länder müssten Antiraucherkampagnen, die Heranwachsende ansprechen, noch mehr intensivieren, so die Forscher. Insbesondere Preiserhöhungen, strengere Gesetze für den Verkauf an Minderjährige, neutrale Verpackungen ohne Markenlabel und Werbeverbote seien geeignete Mittel. „Auch der Einsatz von Internet- und Social-Media-Kampagnen”, schreiben Marcon und Kollegen, „könnten eine wertvolle Strategie sein, um Kinder zu erreichen.”

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „Trends in smoking initiation in Europe over 40 years: A retrospective cohort study”, Alessandro Marcon et al.; PLoS ONE, https://doi.org/10.1371/journal.pone.0201881


 

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