Prostatakrebs: DNA-Test verbessert Vorsorge und Diagnose

Der übliche PSA-Bluttest lässt sich durch den zusätzlichen Nachweis genetischer Merkmale personalisieren und zuverlässiger interpretieren
Bei einem Gentest ermittelt man die Aufeinanderfolge der DNA-Bausteine in einem Teil des Erbgutes.
Bei einem Gentest ermittelt man die Aufeinanderfolge der DNA-Bausteine in einem Teil des Erbgutes.
© National Human Genome Research Institute, USA
Reykjavik (Island) - Der Bluttest zum Nachweis des prostataspezifischen Antigens (PSA) erlaubt keine zuverlässige Diagnose eines Prostatakarzinoms. Die Aussagekraft des Tests lässt sich aber verbessern, wenn gleichzeitig individuelle genetische Merkmale erfasst und bei der Bewertung berücksichtigt werden, berichtet ein internationales Forschungsteam unter Leitung isländischer Wissenschaftler. Durch vergleichende Analysen fanden die Forscher sechs DNA-Abschnitte im menschlichen Genom, die den PSA-Spiegel beeinflussen. Mit der genetischen Zusatzinformation wäre es möglich, für jeden Mann einen individuellen PSA-Grenzwert zu ermitteln, ab dem der PSA-Test als positiv zu werten ist. Dadurch ließen sich sowohl die Empfindlichkeit der Methode steigern als auch unnötige Biopsien vermeiden, schreiben die Autoren im Online-Journal "Science Translational Medicine".

"Wir verbessern die Sensitivität und Spezifität des PSA-Tests, indem wir genetische Analysen einsetzen. Jetzt können wir PSA-Grenzwerte personalisieren und die Entscheidung darüber erleichtern, ob eine Biopsie nötig ist", sagt Kari Stefansson vom BioTech-Unternehmen deCODE genetics in Reykjavik, der Leiter der Studie. Die Forscher suchten zunächst im Erbgut von fast 16.000 isländischen Männern, die nicht an Prostatakrebs erkrankt waren, nach DNA-Abschnitten, die die Höhe ihres "normalen" PSA-Blutspiegels beeinflussen. Die Ergebnisse überprüften sie anhand von Gendaten und PSA-Werten britischer Männer. Dadurch identifizierten sie sechs DNA-Abschnitte, so genannte Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP), die sich bei verschiedenen Menschen nur in einem DNA-Baustein unterscheiden. So konnte einer Person, je nachdem welche SNP-Varianten vorlagen, ein geringer oder höherer PSA-Wert zugeordnet werden. Untersuchungen des Erbgutes von Prostatakrebspatienten ergaben schließlich, dass bei Berücksichtigung der so ermittelten individuellen PSA-Normalwerte die Zahl der unnötigen, weil negativen Prostatabiopsien verringert würde. Zurzeit führt die Prostatabiopsie nur in etwa 20-30 Prozent der Fälle zu einer Krebsdiagnose. Alter, familiäre Vorbelastung und die Geschwindigkeit, mit der der PSA-Spiegel ansteigt sind zusätzliche, auch bisher schon berücksichtigte Faktoren, die bei der Interpretation des PSA-Tests helfen.

"Die Verbesserung des PSA-Tests durch zusätzliche genetische und andere Informationen könnte Screening, Diagnose und Behandlung von Prostatakrebs wesentlich verbessern", schreibt John Witte von der University of California in San Francisco in einem begleitenden Kommentar. Allerdings seien weitere klinische Studien nötig, bis das Verfahren generell einsetzbar wäre. Das prostataspezifische Antigen ist ein Protein, das Prostatazellen bei Krebs verstärkt freisetzen. Aber auch eine gutartige Prostatavergrößerung, bestimmte Medikamente oder Entzündungen können den PSA-Spiegel ansteigen lassen und falsch positive Werte verursachen. Bisher wird dann eine Probe des Prostatagewebes entnommen, wenn der PSA-Wert den Bereich von 2,5-4 ng/ml übersteigt. Bei Einsatz des jetzt möglichen Gentests genügt die Analyse von vier DNA-Abschnitten, um für jeden Probanden einen individuellen PSA-Grenzwert zu bestimmen. Nur wenn dieser bei einer Vorsorgeuntersuchung überschritten wird, wären eine Biopsie oder weitere Maßnahmen sinnvoll.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Genetic Correction of PSA Values Using Sequence Variants Associated with PSA Levels", Julius Gudmundsson et al.; Science Translational Medicine, Vol. 2 (62), 62ra92
"Personalized Prostate Cancer Screening: Improving PSA Tests with Genomic Information", John S. Witte, Science Translational Medicine, Vol. 2 (62), 62ps55
http://stm.sciencemag.org


 

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