Pilz im Bauch hilft Holz verdauen

Larven des Asiatischen Laubholzbockkäfers können neben Zellulose auch Lignin verdauen - die Details könnten den Vormarsch des Holzschädlings in Europa stoppen und neue Biobrennstoff-Prozesse entwickeln helfen
Auch in Deutschland ist der Asiatischen Laubholzbockkäfer auf dem Vormarsch - die Larven ohne natürliche Feinde könnten im schlimmsten Fall ganze Laubwälder vernichten
Auch in Deutschland ist der Asiatischen Laubholzbockkäfer auf dem Vormarsch - die Larven ohne natürliche Feinde könnten im schlimmsten Fall ganze Laubwälder vernichten
© David Speakman
University Park (USA) - Auch in Deutschland ist er auf dem Vormarsch und bedroht gesunde Laubwälder - jetzt haben US-Forscher herausgefunden, was den Asiatischen Laubholzbockkäfer so erfolgreich und gefährlich macht: Seine Larven nutzen einen Pilz im Verdauungstrakt, der sie sogar das Lignin im Holz zersetzen lässt. Bisher war man davon ausgegangen, dass Insekten aktiv nur Zellulose verdauen können, mithilfe von Bakterien, und dass sie das Lignin umgehen, indem sie bereits verrottetes Holz oder solches in der Nähe von Holzpilzen fressen. Lignin ist ein natürliches Polymer und sorgt in Pflanzenzellen für Verholzung und damit Stabilität und schützt vor vielen Mikrobenangriffen. Jetzt hoffen die Forscher, mit dem Pilz im Darm einen Ansatzpunkt gefunden zu haben, um die Schädlinge besser bekämpfen zu können. Auch in Nordamerika bedrohen die Käfer, die in Holzlieferungen aus Asien kamen, große Waldflächen. Obendrein könnte der Verdauungsvorgang des Pilzes aber auch der Energiewirtschaft helfen, die für Biotreibstoff aus holzigen Pflanzenteilen an Lignin vorbei an die Zellulose kommen muss: Im Larvenbauch zerfällt das Lignin deutlich schneller als unter Pilzbefall in der freien Natur. Die Forscher berichten in der kommenden Ausgabe des Fachblatts "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS).

"Wir vermuten, dass der Pilz Enzyme produziert, die den Käfern helfen, das Lignin zu zerlegen", erklärt Ming Tien, Professorin für Biochemie und Molekularbiologie an der Pennsylvania State University (PSU). "Bisher war es ein Geheimnis, wie diese Insekten in der Lage sind, diese Plastikwand [Lignin] zu umgehen und an die Belohnungen, die Zucker dahinter zu kommen." Deshalb nahm Tien gemeinsam mit den Entomologen Kelli Hoover und Scott Geib die Mikrobengemeinschaft im Verdauungstrakt der Maden unter die Lupe. Zunächst verglich das Team die chemische Struktur von Holz, bevor und nachdem es die Verdauung zweier Holz fressender Insekten passiert hatte. Neben den Asiatischen Laubholzbockkäfern (Anoplophora glabripennis) betrachteten die Forscher auch eine Termitenart (Zootermopsis angusticollis), die eigentlich nur Totholz frisst. Chemische Analysen der Exkremente zeigten, dass sich beide Insektenarten die chemische Struktur des Lignins verändert hatten, indem sie dem Polymer einzelne Molekülgruppen entfernt oder hinzugefügt hatten. Das wiederum macht es angreifbarer und für die Insekten leichter zu verdauen.

"Die chemischen Veränderungen, die wir im Käfer gesehen haben, ähneln denen, die man beim Weißfäulepilz sieht", erklärt Geib. Den Pilz im Käfer konnten die Forscher bereits entdecken, jenem in der Termite wollen sie noch auf die Spur kommen, haben allerdings schon festgestellt, so Geib:"Die Veränderungen, die wir in der Termite sehen, ähneln jenen beim Braunfäulepilz. Die chemischen Veränderungen beim Lignin sind vergleichbar". Allerdings dürften die Pilze im Verdauungssystem nur ein Teil des Gesamtbildes sein, vermutlich gebe es eine komplizierte Interaktion von Enzymen des Pilzes mit Hunderten von Bakterien im Bauch und dem fressenden Insekt selbst: "Ein ganzes Konsortium erledigt die Aufgabe".

Hier bietet sich ein Angriffspunkt für die Schädlingsbekämpfung. Sind die wichtigsten Akteure im Konsortium bekannt, so könnte man sie gezielt bekämpfen. Obendrein wollen die Forscher die überraschende Pilz-Käfer-Symbiose schon aus biologischem Interesse näher untersuchen. Und nicht zuletzt liefern sie auch Energieforschern viel versprechende Aussichten - der Pilz könnte die Produktion von Biotreibstoff vereinfachen könnte, so Geib: "Die Lignin-Barriere loszuwerden und die Zellulose freier zugänglich zu machen ist der teuerste und umweltunfreundlichste Teil bei der Herstellung von Äthanol aus Biomasse."

Penn State, PNAS
Quelle: Proceedings of the National Academy of Sciences, Ausgabe vom 18.8.08


 

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