Pause für den inneren Erdkern

Analysen ähnlicher Erdbeben zu unterschiedlichen Zeitpunkten weisen auf eine nachlassende Rotation des festen, inneren Erdkerns hin
Schalenaufbau der Erde
Schalenaufbau der Erde
© GEOMAR
Beijing (China) - In etwa 2900 Kilometer Tiefe beginnt der flüssige Kern der Erde. In seinem Innern ab 5150 Kilometer Tiefe befindet sich trotz hoher Temperaturen von rund 6000 Grad Celsius ein fester Kern aus Eisen und Nickel. Verantwortlich dafür ist ein immenser Druck von 330 Gigapascal. Dieser innere Erdkern dreht sich – nach bisheriger Kenntnis – ein wenig schneller als der Erdmantel. Doch offenbar hat diese Drehung nun eine Pause eingelegt. Zu diesem Ergebnis kommen chinesische Geowissenschaftler mit der Analyse jüngerer Erdbebendaten, die sie in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ veröffentlichten.

Da Bohrungen nur in bis zu zwölf Kilometern Tiefe in die Erdkruste vordringen können, nutzen Geophysiker zur Erforschung des Erdinneren indirekte Messmethoden. Die Dynamik des inneren Erdkerns offenbart sich dabei in der Analyse von Erdbebenwellen, die sich durch die gesamte Erde ausbreiten. Beben gleicher Stärke am etwa gleichen Ort aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten können dabei zu so genannten seismischen Dubletten gruppiert werden. Weisen die Messungen dieser auch durch den inneren Erdkern reichenden Beben kleine Unterschiede auf, kann darauf auf die Rotation des inneren Erdkerns geschlossen werden. Frühere Analysen von 38 Dubletten aus den Jahren 1967 bis 1995 ergaben eine etwas schnellere Rotation des inneren Erdkerns im Vergleich zum Erdmantel.

Yi Yang und Xiaodong Song von der Peking University nutzten nun mehrere Dutzend jüngere seismische Dubletten von Erdbeben im Zeitraum zwischen 1995 und 2020. Ihre Untersuchungen ergaben, dass ab dem Jahr 2009 keine signifikanten Unterschiede in den Dubletten mehr auftraten. Daraus folgerten sie, dass die Rotation des inneren Erdkerns in jüngster Zeit zur Ruhe kam. Dies sehen sie als Anzeichen, dass sich die relative Rotation des innneren Kerns zum Erdmantel sogar umkehren könnte.

Bereits in den frühen 1970er Jahren gab es Hinweise auf einen solchen Wechsel im Rotationsverhalten des inneren Kerns. Yang und Song vermuten daher einen sich etwa alle sieben Jahrzehnte umkehrenden Zyklus. Dieses Verhalten könnte nach ihrer Meinung sogar mit beobachteten Veränderungen an der Erdoberfläche wie kleinen Schwankungen des Magnetfelds und der exakten Tageslänge in Zusammenhang stehen. Doch für eine Bestätigung dieser Annahme müssten noch weitere Analysen des dynamischen Verhaltens der Erdschichten vorgenommen werden.

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