Paranoia unter Hummeln

Nach der Begegnung mit gut getarnten Räubern werden die Insekten extrem argwöhnisch und langsam und vorsichtig bei der weiteren Futtersuche
Nach der Begegnung mit einer gut getarnten Spinne wird eine Hummel überaus vorsichtig
Nach der Begegnung mit einer gut getarnten Spinne wird eine Hummel überaus vorsichtig
© Tom Ings
London (Großbritannien) - Aus Erfahrung wird man klug - das gilt auch für Hummeln: Haben die Insekten einmal eine Begegnung mit einem außerordentlich gut getarnten Räuber überlebt, werden sie extrem argwöhnisch, beinahe schon paranoid. Sie untersuchen dann jeden Futterplatz akribisch auf versteckte Feinde, selbst wenn sie dafür deutlich Geschwindigkeit bei der Nektarsuche einbüßen. Dies hat ein britisches Forscherduo in Experimenten mit künstlichen Nektarquellen und Roboter-Spinnen beobachtet. Die Hummeln mit dem Kontakt zu getarnten Feinden gehen dabei eindeutig vorsichtiger vor als Artgenossen, die bei der Futtersuche auf auffälligere Feinde getroffen sind. Damit sinkt für die Spinnen wiederum die Chance auf Beute, ob getarnt oder ungetarnt, berichten die beiden Biologen im Fachblatt "Current Biology".

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass Hummeln, die auf getarnte Spinnen getroffen sind, schlechter abschneiden, was ihre Effizienz bei der Nahrungssuche betrifft", erklärt Tom Ings von der Queen Mary's School of Biological and Chemical Sciences. Gemeinsam mit seinem Kollegen Lars Chittka hatte er Hummeln in dem künstlichen Äquivalent einer Blumenwiese auf Nektarsuche geschickt und das Verhalten der Insekten beobachtet. Die Tiere trafen dabei auf künstliche Fressfeinde: Roboter-Spinnen schnappten die Hummeln mit Schaumstoff gepolsterten Klammern und hielten sie kurz fest. Die künstlichen Räuber waren dabei entweder deutlich sichtbar oder aber Krabbenspinnen nachempfunden, die in Blüten auf Beute lauern und sich dabei extrem gut tarnen, indem sie ihre Farbe an die Blütenfarbe anpassen. Auch die Kunstspinnen waren kaum zu sehen, weil ihre Farbe dem Hintergrund entsprach.

"Überraschenderweise legen unsere Ergebnisse nahe, dass es eigentlich keinen offensichtlichen Vorteil für die Spinnen hat, getarnt zu sein - zumindest was die Rate des Beutefangs angeht", erläutert Ings. "Die Tarnung der Spinne erhöhte weder die Chancen, eine Hummel zu fangen, noch reduzierte sie die Rate, mit der die Hummeln lernten, die Räuber zu meiden." Diejenigen Hummeln, die von einer der gut getarnten Spinnen gefangen worden waren, verlangsamten ihren folgenden Flug, beobachteten die Biologen. Sie waren weit skeptischer und verzichteten sicherheitshalber mitunter sogar ganz auf den Besuch einer Nektarquelle. Auch wenn sie derart paranoid wertvolle Zeit bei der Futtersuche verloren, erkannten sie dennoch sicherer, ob eine versteckte Spinne anwesend war.

Current Biology
Quelle: "Speed accuracy tradeoffs and false alarms in bee responses to cryptic predators", Thomas C. Ings and Lars Chittka; Current Biology (Ausgabe vom 4. September)


 

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