Pandabär: Wie ein Raubtier zum Pflanzenfresser wurde

Darmbakterien, die schwer verdauliches Pflanzenmaterial abbauen, haben die Nahrungsumstellung im Verlauf der Evolution ermöglicht
Männlicher Großer Panda (
Männlicher Großer Panda ("Tian Tian") im Smithsonian National Zoological Park in Washington, D.C.
© Jeff Kubina
Peking (China) - Der Große Panda zählt zoologisch zu den Raubtieren, hat einen für Fleischfresser typischen Darm und ernährt sich doch überwiegend von Bambus. Diese Ernährung ermöglichen spezielle Darmbakterien, die jetzt erstmals von chinesischen Biologen nachgewiesen wurden. DNA-Analysen ergaben, dass Clostridien und andere Bakterien im Darm der Bären über Zellulose abbauende Enzyme verfügen und so die Verwertung schwer verdaulicher Pflanzenbestandteile ermöglichen, berichten die Forscher im Fachjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)". Allerdings verläuft die Verdauung der Pflanzenkost deutlich weniger effizient als bei typischen Pflanzenfressern. Um seinen Kalorienbedarf zu decken, muss der Panda daher täglich übergroße Mengen an Bambus konsumieren.

"Unsere Analyse erklärt, warum der Panda in der Lage ist, Bambusfasern zumindest teilweise zu verdauen, obwohl in seinem Erbgut Gene für Zellulose abbauende Enzyme fehlen", schreiben die Wissenschaftler um Fuwen Wie von der Chinese Academy of Sciences in Peking. Schon lange wurde vermutet, dass der Große Panda (Ailuropoda melanoleuca) - so wie andere Pflanzen fressende Säugetiere auch - symbiontische Darmbakterien beherbergt, die bei der Verwertung von schwer abbaubarem Pflanzenmaterial helfen. Solche Bakterien konnten aber bisher nicht angezüchtet und identifiziert werden.

Die Biologen analysierten die DNA aus Kotproben von 15 Tieren und fanden 5.500 bakterielle Gene ribosomaler RNA, die Rückschlüsse auf die Bakterienspezies erlaubten. Durch die DNA-Signatur ließen sich 85 Bakterienarten identifizieren, 14 davon waren bisher unbekannt. Im Vergleich zu anderen Pflanzenfressern und reinen Fleischfressern leben demnach im Darm der Pandabären wesentlich weniger Bakterienarten. Das könnte auf die einseitige Ernährung und das einfache Verdauungssystem zurückzuführen sein, vermuten die Forscher. Bis zu 73 Prozent der RNA-Gene eines Tieres ließen sich Bakterien der Gattung Clostridium zuordnen. Von einigen Vertretern dieser Mikroben weiß man, dass sie Zellulose - den Hauptbestandteil pflanzlicher Biomasse - spalten können. Sieben der 13 identifizierten Clostridium-Arten wurden bisher noch nie im Darm von Säugetieren gefunden.

Zusätzliche DNA-Analysen der Kotproben wiesen bakterielle Gene für Enzyme nach, die am Abbau von Zellulose und Hemizellulose beteiligt sind. Beide Kohlenhydrate sind aus langen Ketten von Zuckermolekülen aufgebaut und dienen als Gerüstsubstanz pflanzlicher Zellwände. Die Zahl der Bakterien mit diesen Genen war aber, verglichen mit dem Darminhalt anderer Pflanzen fressender Säugetiere, sehr gering. Das könnte erklären, warum Pandas nur 17 Prozent der verzehrten Pflanzenkost verdauen und täglich etwa zwölf Kilogramm Bambus fressen müssen. Zusammen mit anderen Anpassungen - darunter die großen Backenzähne, eine starke Kaumuskulatur und ein "Pseudo-Daumen" zum Greifen der Nahrung - waren die ungewöhnlichen Darmbakterien eine Voraussetzung dafür, dass sich aus Fleisch fressenden Vorfahren des Pandas eine überwiegend vegetarisch lebende Art von Raubtieren entwickeln konnte.

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Quelle: "Evidence of cellulose metabolism by the giant panda gut microbiome", Lifeng Zhu et al.; Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), doi: 10.1073/pnas.1017956108


 

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