Neutronenstern bremst unerwartet

Plötzliche Verlangsamung der Rotation eines Neutronensterns ermöglicht Astronomen neue Einsichten in diese extremen kosmischen Objekte
Diese Illustration zeigt die Größenverhältnisse: Ein Pulsar vereinigt die anderthalb- bis dreifache Sonnenmasse in einer Kugel, deren Durchmesser nicht größer als Manhattan ist.
Diese Illustration zeigt die Größenverhältnisse: Ein Pulsar vereinigt die anderthalb- bis dreifache Sonnenmasse in einer Kugel, deren Durchmesser nicht größer als Manhattan ist.
© NASA
Montreal (Kanada) - Neutronensterne zählen zu den außergewöhnlichsten kosmischen Objekten. Sie bestehen aus geballter Materie, wie sie in winzigen Atomkernen vorkommt, und besitzen extreme Werte für Dichte, Gravitation und Magnetfelder, die um viele Größenordnungen jenseits gewöhnlicher Materie liegen. Bei einem speziellen Neutronenstern hat ein internationales Team von Astronomen nun eine völlig unerwartete Bremsung seiner Rotation messen können. Beim untersuchten Objekt handelte es sich um einen sogenannten Magnetar, dessen Magnetfeld nochmals um einen Faktor tausend stärker ist als bei gewöhnlichen Neutronensternen.

„Magnetare sind Neutronensterne, die starke Röntgen- und Gammastrahlung aussenden“, erläutert die kanadische Astrophysikerin Victoria Kaspi von der McGill Universität in Montreal. „Wahrscheinlich wird diese Strahlung von den enormen inneren Magnetfeldern angetrieben.“ Die Forscher maßen die Röntgen- und Gammapulse mit dem Weltraumteleskop Swift, das auf hochenergetische Strahlung spezialisiert ist. Da Neutronensterne so stark strahlen, verlieren sie beständig Rotationsenergie. Ihre Drehgeschwindigkeit nimmt deshalb langsam ab. Der innere Bereich, der sich trotz des extremen Drucks wie eine Flüssigkeit verhält, bewahrt aber wie ein Schwungrad seine höhere Drehgeschwindigkeit. Wenn die äußere Kruste und die innere Flüssigkeit sich ab und zu synchronisieren, beschleunigt sich die Rotation deshalb wieder leicht.

Die Änderung bei den gemessenen Strahlenpulsen weist laut den Forschern aber darauf hin, dass eine völlig unerwartete, plötzliche Verlangsamung stattgefunden hat, die in dieser Form bislang noch nie beobachtet wurde. Als Ursache hierfür kämen innere oder äußere Gründe in Frage. Um zu überprüfen, ob der Magnetar vielleicht größere Materiemengen ausgestoßen hatte, was seine Rotation gebremst hätte, untersuchten die Forscher das Objekt mit hochauflösenden erdgebundenen Radioteleskopen, konnten aber keine Anzeichen neuer Materie ausmachen. Sie vermuten deshalb, dass bislang unbekannte innere Effekte für die Abbremsung verantwortlich sein müssen. Ihrer Ansicht nach müssten deshalb die gängigen Theorien zum Innern von Neutronensternen überdacht werden.

Neutronensterne entstehen durch den Kollaps des inneren Bereiches massereicher Sterne während einer Supernova. Ihre Masse liegt grob zwischen der anderthalb- und der dreifachen Masse unserer Sonne, konzentriert in eine Kugel von gerade einmal zwanzig Kilometern Durchmesser. Leichter können sie nicht sein, da sonst die Schwerkraft nicht ausreichen würde, um die Materie so dicht zusammenpressen zu können. Wären sie schwerer, würden sie zu Schwarzen Löchern kollabieren.

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