Neue Theorie zur Bildung des Himalaya-Massivs

Bereits vor der Kollision der indischen und eurasischen Platte lag die Region des Hochgebirges mehr als 3000 Meter hoch
Satellitenbild der Himalaya-Region
Satellitenbild der Himalaya-Region
© ESA
Stanford (USA)/Peking (China) - Zwischen Indien und China erhebt sich mit fast neun Kilometer hohen Gipfeln wie dem Mount Everest das gewaltigste Bergmassiv der Erde. Der Himalaya entstand, als vor 40 bis 50 Millionen Jahren der indische Subkontinent gegen die eurasische Landmasse mit einer Geschwindigkeit von rund neun Metern pro Jahrhundert stieß. Dabei falteten sich die Plattenränder auf – ein Prozess, der bis heute anhält und den Himalaya um gut einen Zentimeter pro Jahr wachsen lässt. Doch nun verfeinerten amerikanische und chinesische Forschende den Bildungsprozess dieses Faltengebirges. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ berichten, waren die Ränder der indischen und eurasischen Platte bereits vor der Kollision etwa so hoch waren wie die Alpen in Europa.

„Unsere Studie zeigt zum ersten Mal, dass die Ränder der beiden tektonischen Platten schon vor der Kollision im Mittel etwa dreieinhalb Kilometer hoch waren“, sagt Page Chamberlain von der Stanford University. Diese überraschende Erkenntnis gewann sein Team gemeinsam mit Forschenden der China University of Geosciences in Peking. Dazu analysierten sie Gesteinsproben aus Quarzadern aus einer Region im südlichen Tibet und bestimmten dabei in aufwendigen Messungen die Verteilung der drei stabilen Sauerstoffisotope O-16, O-17 und O-18.

Diese unterschiedlich schweren Sauerstoffisotope eignen sich sehr gut, um Gebirgshöhen längst vergangener Zeiten der Erdgeschichte zu bestimmen. Denn an ansteigenden Gebirgsflanken steigen Luftmassen in die Höhe, mit abnehmender Temperatur kondensiert Feuchtigkeit in den Wolken und es kommt verstärkt zu Niederschlägen. Schwerere Sauerstoffisotope fallen dabei schon in geringeren Höhen zu Boden und nur leichtere gelangen bis in die Gipfelregionen. Daraus folgt eine charakteristische Verteilung der Sauerstoffisotope in den Sedimentengesteinen, aus denen auf die Gebirgshöhen früherer Zeiten geschlossen werden kann. Besonders die Analyse des extrem seltenen O-17-Isotops zeigte den Forschenden, dass die indischen und eurasischen Kontinentalränder bereits vor der Kollision mehrere Kilometer hoch waren.

Diese Studie aus dem noch jungen Forschungsfeld der Paläoaltometrie – der Höhenmessung vergangener Erdzeitalter – zeichnet nicht nur ein neues Bild vom Entstehungsprozess des Himalayas. Denn Gebirgszüge beeinflussten damals wie heute auch stark das Klima in den umgebenden Regionen. So führt ein Steigungsregen vor den Erhebungen zu feuchten Gebieten mit starker Vegetation. Hinter den Gebirgen herrscht dagegen eher Trockenheit. „Damit könnten bisherige Theorien zum Klima und zu Biodiversität der Vergangenheit neu bewertet werden“, sagt Chamberlain. Modelle des Paläoklimas in der Himalaya-Region müssten nun rekalibriert werden. Der Geowissenschaftler hält es für möglich, dass ähnliche Studien auch zu einer Verfeinerung der Klimamodelle an anderen Gebirgszügen wie den Anden in Südamerika führen könnten.

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