Natürliches Neuroenhancement: Wachstumsfaktor für das Hirn

Der Wachstumsfaktor IGF-2 verbessert im Tierversuch den Lernerfolg und das Gedächtnis
New York (USA) - Beim Lernen bilden sich Gedächtnisinhalte im Gehirn, die anfangs labil sind und sich dann verfestigen. Dabei spielt der Wachstumsfaktor IGF-2 eine wichtige Rolle, berichten amerikanische Forscher. In Versuchen mit Ratten stieg der IGF-2-Spiegel in der Hirnregion des Hippocampus am Tag nach dem Lerntraining vorübergehend stark an. Wurde den Tieren während eines bestimmten Zeitraums nach der Lernphase IGF-2 in den Hippocampus injiziert, lernten sie schneller und behielten das Gelernte länger im Gedächtnis. Das eröffne einen neuen Ansatz für die Entwicklung von Wirkstoffen zur Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Nature".

"Unseres Wissens ist das der erste Nachweis einer starken Verbesserung des Gedächtnisses durch einen natürlich vorkommenden Faktor, der die Blut-Hirn-Schranke überwindet", sagt Cristina Alberini von der Mount Sinai School of Medicine in New York, die Leiterin des Forscherteams. In ihren Versuchen mit Ratten lernten die Tiere, dunkle Orte zu meiden, indem sie beim Betreten eines dunklen Käfigbereichs leichte Stromschläge erhielten. Die Forscher stellten fest, dass 20 Stunden nach Ende des Trainings der IGF-2-Spiegel im Hippocampus der Ratten stark anstieg, um nach einem Tag wieder abzusinken. Das Angstgedächtnis verstärkte sich, wenn man innerhalb dieses Zeitfensters IGF-2 in den Hippocampus injizierte. Der gleiche, zwei bis drei Wochen anhaltende Effekt ließ sich auch zu einem späteren Zeitpunkt erzielen, nachdem die Erinnerung wieder ins Gedächtnis zurückgerufen wurde.

IGF-2 verbessere das Lernen und verzögere das Vergessen, sagt Alberini. Die Forscher vermuten, dass der Wachstumsfaktor selbst keine Hirnzellen aktiviert, sondern auf zuvor bereits aktivierte Zellen einwirkt und deren Kontakte mit anderen Hirnzellen stabilisiert. Das beschleunigt die Signalübertragung und unterstützt den Aufbau des Langzeitgedächtnisses. Weitere Experimente sollen nun klären, ob dieselbe Funktion von IGF-2 auch bei anderen Formen des Lernens nachweisbar ist. Genauere Informationen über das Angstgedächtnis könnten auch für therapeutische Zwecke nützlich sein, beispielsweise für neue Behandlungsformen von posttraumatischen Belastungsstörungen. Von einer generellen Verbesserung kognitiver Hirnfunktionen würden nicht nur Menschen mit krankheits- oder altersbedingt geschwächter Gedächtnisleistung profitieren.

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Quelle: "A critical role for IGF-II in memory consolidation and enhancement", Dillon Y. Chem et al.; Nature, Vol. 469, p. 491


 

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